Dtsch Med Wochenschr 2001; 126(27): 789
DOI: 10.1055/s-2001-15554
CME
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Chronische Hepatitis - Teil 3: Der konkrete Fall

Chronic hepatitis - Part 3: Case reportD. Moradpour, H. E. Blum
  • Medizinische Universitätsklinik Freiburg
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. Dezember 2001 (online)

Anamnese: Ein 60-jähriger Patient wurde zur Abklärung eines Sklerenikterus zugewiesen. Vor 10 Jahren sei anlässlich einer Blutspende erstmals eine erhöhte GPT aufgefallen, subjektiv bestanden jedoch nie Zeichen einer Lebererkrankung. Als operativ tätiger Arzt habe er in den letzten 20 Jahren wiederholt akzidentelle Stich- und Schnittverletzungen erlitten. Der Patient trank bis zu diesem Zeitpunkt ca. 1/2 l Wein pro Tag.

Untersuchungen: Klinisch fand sich ein leichter Sklerenikterus, eine konsistenzvermehrte Leber und eine eben palpable Milz. Die GPT war auf 45 (< 23) U/l, das Bilirubin auf 2,8 (< 1,2) mg/dl und die γ-Globuline waren auf 35 (10¿23) % erhöht. Der Albuminspiegel war auf 28 g/l und der Spontanquickwert auf 66 % erniedrigt. Serologisch ergaben sich der positive Nachweis von anti-HCV-Antikörpern; HBsAg und anti-HBc waren negativ. Die Abdomen-Sonographie ergab den Verdacht auf eine Zirrhose; eine umschriebene intrahepatische Raumforderung war nicht darstellbar. Die histologische Untersuchung zeigte eine feinknotige Leberzirrhose mit Zeichen der chronischen Hepatitis C und eines chronischen aethylischen Leberschadens (Mallory bodies, Maschendrahtfibrose und Leberzellsiderose). Endoskopisch zeigten sich keine Ösophagus- oder Fundusvarizen. Aufgrund dieser Befunde wurde die Diagnose einer Leberzirrhose im Child-Pugh-Stadium B als Folge einer chronischen Hepatitis C kombiniert mit einem aethylischen Leberschaden gestellt.

Therapie und Verlauf: Im weiteren Verlauf kam es zu einer Dekompensation der Zirrhose mit Aszites, hepatischer Enzephalopathie (HE) und verstärktem Ikterus. HE-präzipitierende Faktoren wie Diätfehler, spontane bakterielle Peritonitis oder Diuretikaüberdosierung lagen nicht vor. Unter konsequenter Alkoholkarenz und milder diuretischer Behandlung mit Spironolacton gingen Aszites und hepatische Enzephalopathie zurück, ein leichter Sklerenikterus blieb jedoch bestehen, und laborchemisch zeigten sich weiterhin Zeichen der Leberinsuffizienz. So wurde von einer Interferon-α-Therapie abgesehen und nach 6 Monaten konsequenter Alkoholkarenz eine orthotope Lebertransplantation mit einer Hemihepatektomie rechts beim Lebendspender durchgeführt. Die histologische Untersuchung des Explantates zeigte neben der bekannten Zirrhose ein im Rahmen der Vorabklärung nicht erkanntes mittelgradig differenziertes hepatozelluläres Karzinom im Lobus caudatus.

Prognose: Die Prognose ist günstig. Obschon es bei chronischer Hepatitis C regelmäßig zu einem Rezidiv in der Transplantatleber kommt, scheint diese in der Regel nicht die Lebenserwartung zu beeinflussen. Als Zufallsbefund in einem Explantat diagnostizierte hepatozelluläre Karzinome haben eine relativ günstige Prognose. Unter diesem Aspekt ist die Transplantation zum richtigen Zeitpunkt erfolgt.

PD Dr. Darius Moradpour
Prof. Dr. Dr. h. c. H. E. Blum

Freiburg

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