Dtsch Med Wochenschr 2001; 126(21): 638-642
DOI: 10.1055/s-2001-14421
Übersichten
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Diagnostik der Sprue

Diagnosis of coeliac diseaseU. Wahnschaffe, E. O. Riecken, J.-D Schulzke
  • Medizinische Klinik und Poliklinik I - Gastroenterologie und Infektiologie (Leitender Direktor: Prof. Dr. med. E. O. Riecken), Universitätsklinikum Benjamin Franklin, Freie Universität Berlin
Further Information

Publication History

Publication Date:
31 December 2001 (online)

Zoom Image

Definition, Häufigkeit und Ätiopathogenese als Grundlage der Spruediagnostik

Die einheimische Sprue ist durch eine Zottenreduktion und Hyperplasie der Krypten gekennzeichnet und geht mit einer Malabsorptionsstörung unterschiedlichen Ausmaßes einher. Prinzipiell kann die einheimische Sprue in jedem Alter auftreten [37]. Nach der Zwei-Gen-Theorie, die neben der hohen Assoziation mit der HLA-Klasse-II-D-Region von einem weiteren nicht mit dem HLA-Komplex verbundenem Gen ausgeht, kommt es bei entsprechend prädisponierten Menschen nach dem Verzehr von Gluten, und zwar speziell seiner alkohollöslichen Eiweißfraktion, dem Gliadin, die besonders in Weizen, Roggen, und Gerste zu finden ist, zu den typischen Schleimhautveränderungen. Diese können oft von Diarrhoe, Gewichtsverlust, wechselnden abdominellen Beschwerden oder Blähungen begleitet sein. Daneben kann die einheimische Sprue aber auch mit nur diskreten Beschwerden bis hin zur asymptomatischen Form oder monosymptomatisch (z. B. mit Eisenmangelanämie oder Osteopenie) in Erscheinung treten, wobei eine intestinale Symptomatik nicht selten fehlt [1] [9] [36] . In neueren Untersuchungen konnten verschiedene Arbeitsgruppen zeigen, dass sich die einheimische Sprue in Nord- und Südeuropa sowie in den USA häufiger manifestiert als bislang angenommen [8] [10] [18] [20] [22] [25] [38]. Unter Verwendung eines Anti-Gliadin-ELISA und/oder Anti-Endomysium-Immunofluoreszenstests als Screeninguntersuchung wurden große Bevölkerungsgruppen wie z. B. Blutspender auf das Vorhandensein spezifischer Antikörper hin untersucht. Personen mit positivem Antikörpertest wurden anschließend einer endoskopischen Untersuchung zugeführt. In diesen Untersuchungen findet sich eine Prävalenz zwischen 1 : 100 bis 1 : 400, welche deutlich über der bei uns bislang angenommenen von 1 : 2000 bis 1 : 4000 liegt [Abb. 1]. Während der Großteil dieser Patienten eher geringe klinische Beschwerden hat (»minimal sprue«), ist ein kleinerer Teil sogar völlig beschwerdefrei (»silent sprue«). Dagegen stehen beim typischen Patient mit einer Sprue initial die körperlichen Beschwerden im Vordergrund. Hinzu kommt ein weiterer wichtiger Aspekt des Langzeitverlaufs: das Malignomrisiko, welches bei diesen Patienten erheblich gesteigert ist. Hierbei besteht insbesondere für das diffuse intestinale T-Zell Lymphom ein mehr als 40fach gesteigertes Erkrankungsrisiko [40]. In den Untersuchungen vorwiegend englischer Arbeitsgruppen konnte gezeigt werden, dass das Risiko, ein Lymphom zu entwickeln, bei Einhaltung einer strikt glutenfreien Kost auf das der Normalpopulation zurückgeht [19]. Deshalb besteht für Patienten mit einer nachgewiesenen einheimischen Sprue die dringende Empfehlung, sich lebenslang glutenfrei zu ernähren.

kurzgefasst: Neuere Untersuchungen zeigen, dass die einheimische Sprue mit einer Prävalenz zwischen 1 : 100 und 1 : 400 deutlich häufiger vorkommt als bislang angenommenen. Ein Großteil dieser Patienten hat eher geringe klinische Beschwerden (»minimal sprue«) oder ist sogar völlig beschwerdefrei (»silent sprue«).