Dtsch Med Wochenschr 2001; 126(20): 610
DOI: 10.1055/s-2001-14101
Leserbriefe
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Methotrexat

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Publikationsdatum:
28. April 2004 (online)

In Ihrem Artikel über Methotrexat (MTX) gehen Schröder und Schroeder [7] auf die Möglichkeit einer Nebenwirkungsreduktion durch Folsäure (z. B. Lafol®, Rubiefol®, Folsan®) oder deren aktivierten Metaboliten Folinsäure (z. B. Lederfolat®, Leucovorin®) ein [7]. MTX gilt auch nach Einführung neuerer Substanzen als der »Goldstandard« der Therapie der rheumatoiden Arthritis (RA). Insofern ist eine Verbesserung der Tolarabilität bei Abbrecher-Raten von mindestens 25 % von hoher Relevanz. Die Frage der Supplementierung mit Fol- oder Folinsäure wird seit über 10 Jahren kontrovers diskutiert. Zum einen herrscht Unsicherheit, welche Substanz bevorzugt werden sollte, zum anderen wird eine Hemmung der MTX-Effektivität befürchtet. Wie von Schröder und Schroeder angeführt, steht der direkte Vergleich noch aus. Die Datenlage stellt sich aber relativ eindeutig dar:

Studien zeigen eine mangelhafte Folsäure-Nutrition bei über 50 % der RA-Patienten [2]. Durch die Interaktionen mit dem Folsäuremetabolismus fällt unter der MTX-Therapie die intrazelluläre Folsäureaktivität weiter herab. Parallel häufen sich Nebenwirkungen, die auffällig an Folsäuremangel-Symptome erinnern: Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Stomatitis, Anstieg von Leberenzymen sowie MCV und Neutropenie [2].

Für die Folsäure-Substitution zeigen prospektive, randomisierte und plazebokontrollierte Studien eine signifikante Reduktion insbesondere der gastrointestinalen, hepatischen und mukosalen MTX-Nebenwirkungen. Die Therapieabbruchrate wird von 25 % auf 8 % in der Verumgruppe gesenkt. Diese Wirkung wurde dosisunabhängig für Folsäure-Wochendosen von 5-27,5 mg (MTX je nach Studie durchschnittlich 10-13 mg) belegt [6]. Der Zeitabstand zur Einnahme des MTX erscheint nicht relevant. Experimentelle Daten weisen zwar auf mögliche Interaktionen mit der Pharmakokinetik des MTX bei Verwendung höherer Folsäuredosierungen (5 mg/Tag bei 10 mg MTX/Woche) hin [3]. Bisher ist aber keine klinisch bedeutsame Minderung der MTX-Effektivität belegt. Zuletzt wurde die Folsäuresupplementierung als Ursache für die verminderte MTX-Wirkung in der US-amerikanischen im Vergleich zur europäischen Leflunomid-Studie diskutiert. Eine möglicherweise plausiblere Erklärung könnten niedrigere MTX-Dosierungen und deutlich höheres Krankheitsalter der Patienten in der amerikanischen Studie sein [8]. In den USA wird bei MTX-Patienten gemäß der Empfehlung des American College of Rheumatology Folsäure (1 mg pro Tag oder 7 mg pro Woche als Einmaldosis) appliziert [1].

Wesentlich komplexer stellt sich die Datenlage für Folinsäure dar. Die Substanz umgeht die MTX-Hemmung der Folsäure-Reduktion in einem »Bypass«-Mechanismus, dieses wird z. B. in der Onkologie bei hohen MTX-Dosierungen oder Intoxikationen therapeutisch genutzt [7]. Hier scheint im Gegensatz zur Folsäuresupplementierung die Dosisrelation zu MTX und das Timing der Einnahme eine kritische Rolle zu spielen. Randomisierte, plazebokontrollierte Studien belegen für Dosierungen ≤ 5 mg pro Woche keine MTX-Hemmung bei signifikanter Reduktion der Nebenwirkungen [6]. Die hierzulande geübte Praxis, Folinsäure äquivalent zur MTX-Dosis zu dosieren, kann jedoch offenbar zu Exazerbationen der RA führen. Unter diesem Schema zeigte sich in einer doppelblinden, randomisierten Studie zunächst weder eine signifikante Minderung der Nebenwirkungen noch eine Beeinträchtigung der MTX-Effektivität. Letzteres wurde jedoch später von den Autoren relativiert [4]. Bei noch höherer Folinsäure/MTX-Dosisrelation kam es zu RA-Exazerbationen bei allen Patienten [5] [6]. Darüber hinaus scheint Folinsäure weniger effektiv: in einer vergleichenden Cochrane-Meta-Analyse wurde für Folsäure eine 79 %ige, für Folinsäure eine nicht signifikante 42 %ige Reduktion gastrointestinaler MTX-Nebenwirkungen ermittelt [6]. Zusammenfassend sprechen die Literaturdaten für eine Folsäure-Supplementierung bei der low-dose MTX-Therapie. Sie erscheint kostengünstiger, effektiver und sicherer als die mit Folinsäure.

Literatur

  • 1 American College of Rheumatology ad hoc committee on clinical guidelines . Guidelines for monitoring drug therapy in rheumatoid arthritis.  Arthritis Rheum. 1996;  39 723-731
  • 2 Andersen L S, Hansen E L, Knudsen J B, Wester J U, Hansen G V, Hansen T M. Prospectively measured red cell folate levels in methotrexate treated patients with rheumatoid arthritis: Relation to withdrawal and side effects.  J Rheumatol. 1997;  24 830-837
  • 3 Bressole F, Kinowski J M, Morel J, Pouly B, Sany J, Combe B. Folic acid alters methotrexate availability in patients rheumatoid arthritis.  J Rheumatol. 2000;  27 2110-2114
  • 4 Buckley L M. Reply.  J Rheumatol. 1996;  23 403-404
  • 5 Joyce D A, Will R K, Hoffmann D M, Laing B, Blackbourn S J. Exacerbation of rheumatoid arthritis in patients treated with methotrexate after administration of folinic acid.  Ann Rheum Dis. 1991;  50 913-914
  • 6 Ortiz Z, Shea B, Suarez A, lmazor  M, Moher D, Wells G, Tugwell P. Folic acid and folinic acid for reducing side effects in patients receiving methotrexate for rheumatoid arthritis.  Cochrane Database Syst Rev. 2000;  2 CD000951
  • 7 Schröder F, Schroeder J O. Methotrexat.  Dtsch Med Wschr. 2000;  125 1435-1436
  • 8 Smolen J S, Emery P. Efficacy and safety of leflunomide in active rheumatoid arthritis.  Rheumatology. 2000;  39 48-56 (Suppl 1))

Dr. Pontus Harten

Sophienblatt 1

24103 Kiel