Dtsch Med Wochenschr 2001; 126(15): 447
DOI: 10.1055/s-2001-12725
Fragen aus der Praxis
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Bedeutung des D-Dimer-Wertes

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Publication Date:
31 December 2001 (online)

Frage: Was würden Sie unternehmen wenn der D-Dimer-Wert (Normalwert: 250 µg/l) einer Patientin bei 2760 µg/l liegt? Lungenembolie und Thrombose wurden durch Thoraxaufnahmen und Venendoppler ausgeschlossen. Die anderen Gerinnungsfaktoren (Antithrombin-III, partielle Thromboplastinzeit) liegen in ihren Normalbereichen. EKG (Langzeit-EKG und Belastungs-EKG) waren auch normal. Blutdruck und Puls lagen bei Messung in den Normalwerten. Im Bereich der Halsvenen war auch nichts Auffälliges zu finden. Die Patientin klagt über Schwindel (manchmal mit vorherigem Erbrechen). Der D-Dimer-Wert sinkt nur sehr langsam. Nach 2 Monaten liegt dieser immer noch bei 650 µg/l. Bei jetziger Menstruation liegt dieser wieder bei 2045 µg/l.

Antwort: D-Dimere fallen als charakteristisches Element bei der Spaltung quervernetzten Fibrins an. Fibrin wird durch den Faktor XIIIa hauptsächlich an den Gefäßwänden quervernetzt. Die primäre Hyperfibrinolyse ohne begleitende Gerinnungsaktivierung lässt sich von der sekundären Hyperfibrinolyse aufgrund Gerinnselbildung durch das Auftreten von D-Dimeren abgrenzen. Zunächst hochmolekulare Fibrinelemente mit verschiedenen Anteilen von D-Dimeren werden durch weiteren Abbau zu D-Dimere mit einem Molekulargewicht von 180 kD zerlegt. Die physiologische Halbwertszeit der D-Dimere beträgt etwa 8 Stunden.

Die Bestimmung der D-Dimere wird hauptsächlich in der Diagnostik tiefer Beinvenenthrombosen und der akuten wie rezidivierenden Lungenembolie genutzt.

Bei Patienten mit Thrombosen oder thromboembolischen Komplikationen findet sich der Spiegel zu 90 % erhöht. Jedoch nur bei 35 % der Patienten mit normalem Pulmonalisangiogramm wurden auch normale Spiegel der D-Dimere gefunden. Erhöhte D-Dimere sind jedoch nicht spezifisch für ein thromboembolisches Problem. Die Spezifität mittels ELISA gemessener D-Dimer-Spiegel wird mit nur 39 % angegeben, die Sensitivität mit 98 %. Normale Spiegel können demnach diagnostisch als Ausschlusskriterium für eine Lungenembolie gewertet werden. Wichtig ist die Bestimmung mittels ELISA. Nur diese Methodik liefert zuverlässige Werte. Bei wenige Tage zurückliegender Thrombose oder Embolie werden allerdings 5-10 % falsch negative Werte gemessen. Daher sollte bei dringendem klinischen Verdacht weitere Diagnostik trotz negativer D-Dimere erfolgen.

Die Spezifität des Tests ist niedrig, weil alle Erkrankungen oder Zustände, die mit einer Mikrothrombenbildung und reaktiven Fibrinolyse einhergehen, erhöhte D-Dimer-Spiegel zeigen. So finden sich erhöhte Werte bei einer disseminierten intravasalen Gerinnung. Hier kann die Bestimmung zur Früherkennung oder Verlaufsbeurteilung eine Rolle spielen. Tumorerkrankungen führen vielfach zu einer Wundheilungsreaktion und Fibrinbildung sowie einer damit verbundenen erhöhten Fibrinolyse, die zu einer vermehrten Freisetzung von D-Dimeren führt. Schließlich steigt die Konzentration auch infolge einer fibrinolytischen Therapie an.

Ein erhöhter D-Dimer-Spiegel als isolierter Befund sollte keine aufwändige Diagnostik nach sich ziehen. Vielmehr die Anamnese und klinische Befunde sind wesentlich für Indikationsstellungen zu weiterführender Differenzialdiagnostik.

Die Echokardiographie kann die akute Rechtsherzbelastung bei akuter Lungenembolie nachweisen. Bei Normalbefund oder chronischer Rechtsherzbelastung müssen weitere diagnostische Schritte erfolgen. Hierzu gehören eine Ventilations-/Perfusionsszintigraphie, das Angio-CT oder invasive Diagnostik mittels Rechtsherzkatheter und/oder Angiographie. Das Vorgehen ist abhängig vom Zustand des Patienten und der Diagnosewahrscheinlichkeit zu wählen

Eine Lungenembolie sollte bei entsprechendem Verdacht möglichst sicher ausgeschlossen werden. Thoraxaufnahmen und Beinvenendopplersonographie sind hier nicht ausreichend.

Literatur

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Dr. R. Erbes

Pneumologie 1

Schwerpunkt Infektiologie und Immunologie Krankenhaus Zehlendorf

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