Dtsch Med Wochenschr 2001; 126(8): 221-222
DOI: 10.1055/s-2001-11310
Fragen aus der Praxis
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Infusionstherapie mit Pentoxifyllin und/oder Hydroxyethylstärke

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Publication Date:
31 December 2001 (online)

Frage: Ist der Verzicht auf eine Infusionstherapie mit Pentoxifyllin und/oder Hydroxyethylstärke beim akuten Hörsturz als Behandlungsfehler anzusehen mit entsprechenden möglichen strafrechtlichen und zivilrechtlichen Konsequenzen, wenn es beispielsweise zu einem bleibenden Hörverlust kommt nach Verzicht auf diese Therapie?

Im angloamerikanischen Sprachraum wird die in Deutschland durchgeführte Infusionstherapie, derzeit mit Pentoxifyllin empfohlen, nicht durchgeführt, da eine Wirksamkeit nicht erwiesen sei. In Deutschland hingegen ist nach Auskunft der HNO-Ärzte die Infusionstherapie mit Pentoxifyllin ausdrücklich in entsprechenden Leitlinien der Fachgremien als Therapie der Wahl angegeben.

Existieren seit 1984, der 1995 in der DMW erschienenen Arbeit und heute neue Ergebnisse zu diesem Thema? Liegt insbesondere inzwischen eine kontrollierte Studie zu diesem Thema vor, die einen Vorteil der Pentoxifyllin-Infusionstherapie gegen einen Verzicht auf diese Therapie belegen würde?

Falls dieses nicht der Fall ist, existieren inzwischen allgemein akzeptierte wissenschaftliche Befunde und pathophysiologische Vorstellungen zur Entstehung des Hörsturzes und zum Angriffspunkt des Pentoxifyllins, dass selbst beim Fehlen entsprechender Studien die Therapie so wohlbegründet ist, dass auch ohne entsprechende kontrollierte Studien ihre Durchführung ausreichend begründet erscheint?

Wenn beides nicht der Fall ist, also weder eine kontrollierte Studie vorliegt, noch neue und klare Kenntnisse über das Krankheitsbild bestehen, kann allein die Tatsache, dass diese Therapie in Leitlinien empfohlen wird, als ausreichender Grund dafür angesehen wird, bei Unterlassen dieser Therapie haftungsrechtlich belangt zu werden?

Literatur

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Prof. Dr. J. Knothe

Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden an der Technischen Universität

Fetscherstraße 74

01307 Dresden