Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2001; 36(1): 2-3
DOI: 10.1055/s-2001-10242
LAUDATIO
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Zum 60. Geburtstag von Prof. Dr. med. Klaus Geiger

G. F. E. Nöldge-Schomburg
  • Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie der Universität Rostock
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Publication Date:
31 December 2001 (online)

Der 60. Geburtstag von Prof. Dr. Klaus Geiger, den er am 19. November 2000 feiern konnte, bietet Gelegenheit, ihm auch öffentlich herzlich zu gratulieren und sein Wirken zugunsten der Anästhesiologie und Intensivmedizin aufzuzeigen.

In Bamberg geboren, besuchte der Jubiliar dort, sowie in Bonn und Karlsruhe die Schule, die er mit dem Abitur am Bismarck-Gymnasium 1960 abschloss. Das direkt anschließend aufgenommene Medizinstudium führte ihn während der vorklinischen Ausbildung an die Universität München. Zum klinischen Studienteil wechselte Klaus Geiger an die Universität Tübingen, wo er das Staatsexamen ablegte und kurz darauf mit einer Dissertation über „Das Verhalten der freien Fettsäuren und des Glycerin im Blutserum bei Nahrungskarenz, experimentellem Fieber und exogener Wärmebelastung” promovierte. Für die Medizinalassistentenzeit bis zur Approbation wählte er sich das Vincentius-Krankenhaus und die Städtischen Kinderkliniken Karlsruhe sowie die Medizinische Universitätsklinik in Tübingen aus.

An der Universität Basel begann dann 1968 für Klaus Geiger der von ihm eigentlich gewählte Berufsweg des Anästhesisten und Intensivmediziners. Die Namen seiner beiden dortigen Lehrer sprechen für sich: Es waren Prof. Hügin (Anästhesiologisches Institut) und Prof. Allgöwer (Chirurgische Klinik). Folgerichtig erlangte Klaus Geiger daraufhin Mitte der 70er Jahre die Facharzt-Anerkennung für Anästhesiologie. Während der Weiterbildungszeit hatte er bereits an den Biologischen Forschungslaboratorien von Ciba-Geigy in Basel unter der Leitung von Prof. Bein ein Forschungsjahr eingelegt, in dem er sich experimentell mit Problemen der Kreislaufphysiologie befasste.

Noch vor der deutschen Facharzt-Anerkennung, die er 1974 erlangte, hatte Klaus Geiger bereits seine 4jährige klinische und wissenschaftliche Fortbildungszeit an der Harvard Medical School in Boston angetreten. Früher als jeder andere Kollege in seinem Ausbildungsstand war er dort schon seit 1973 als Oberarzt bei Prof. Hedley-Whyte an der Anästhesieabteilung des Beth Israel Hospital tätig . Nachdem er 1975 die amerikanische Approbation erworben hatte, leitete er als „Associate Director” eigenverantwortlich die Intensivstation. Zugleich nutzte er im Rahmen der Rotation durch die der Harvard Medical School angegliederten Kliniken die Chance, bei ausgewiesenen Experten (Prof. Pontoppidan, Prof. Zapol) für die Behandlung der schweren respiratorischen Insuffizienz Erfahrungen in den damals neuesten Therapieregimen einschließlich der extrakorporalen Membranoxygenierung zu erlangen.

Seine wissenschaftlichen Aktivitäten entfaltete er in der Grundlagenforschung. Mit Hilfe eines an den Laboratorien der Harvard Medical School und am Massachusetts Institute of Technology erlernten breiten analytischen Methodenspektrums untersuchte er den Stoffwechsel und die Lokalisation des Surfactants in der Lunge.

Aufbauend auf diese in jeder Hinsicht intensive Fortbildungszeit konnte er mit besten Referenzen ausgezeichnet nach Deutschland zurückgekehrt eine Oberarzt-Position am Anästhesiologischen Institut der Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Universität Heidelberg antreten. 1979 erlangte er dort aufgrund seiner Arbeit über das Thema „Abbau und Clearance von Dipalmitoyllecithin. Biochemische und autoradiographische Untersuchungen zum Thema des Surfactant in der Lunge” die Habilitation und erhielt die Venia legendi für das Fach Anästhesiologie. Ein Jahr später wurde er zum Professor auf Lebenszeit ernannt und nahm bereits 2 weitere Jahre später die Aufgaben des leitenden Oberarztes und stellvertretenden Institutsdirektors wahr.

Seine hervorragende Qualifikation aus der Weiter- und Fortbildungszeit und die erfolgreiche Wahrnehmung aller ihm bis dahin übertragenen Aufgaben mündeten nach verschiedenen Listenplatzierungen aus anderen Bewerbungen geradezu folgerichtig 1986 in die Berufung auf den Lehrstuhl für Anästhesiologie an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau. Damit trat er die Nachfolge von Prof. Kurt Wiemers, einem der Gründerväter der wissenschaftlichen Anästhesiologie und Intensivmedizin in Deutschland, an.

In dem Berufsweg von Klaus Geiger spiegelt sich die Situation der Anästhesisten der zweiten Generation. Das Fach hatte die Aufbau- und Etablierungsphase mit der Gründergeneration erfolgreich bewältigt; insofern war die Pionierzeit mit ihrer Aura des völlig Neuen und aufregend Unbekannten schon fast - wenngleich nicht unbedingt für die Intensivmedizin - vorüber. Als Klaus Geiger sich für die klinische Anästhesie und Intensivmedizin entschied, hatten sich bereits deutliche Leistungszentren gebildet, deren Spitzeninstitutionen, die damals maßgebliches Entwicklungspotential versprachen, nicht zufällig in den USA lagen. Das dort angesiedelte klinische und wissenschaftliche Können zu erwerben und später an deutsche Universitäten zu transferieren, ist ein prägendes Merkmal des beruflichen Lebensweges vieler herausragender Anästhesisten der zweiten Generation. Klaus Geiger ist diesen anspruchsvollen und anstrengenden Weg mit Erfolg und zum Nutzen der Fachdisziplin gegangen. Im Ergebnis führte dieser Weg zum Ausbau der fachlichen Errungenschaften - ablesbar ganz einfach an dem ganz erheblichen Zuwachs der Anzahl an Anästhesisten, den keine andere Fachdisziplin und keine Krankenhausverwaltung in Frage stellte und natürlich kein Patient missen mochte. Ebenso ablesbar sind diese Errungenschaften an der Perfektionierung intensivmedizinischer Behandlungsmethoden mit Etablierung eines extrakorporalen Lungenunterstützungssystems, das die Anästhesiologische Universitätsklinik Freiburg zu einem anerkannten Therapiezentrum von Patienten mit schwerem Lungenversagen machte.

Klaus Geiger hat diese fachliche Weiterentwicklung in leitender Funktion an den beiden Universitätskliniken, die er nach seiner Rückkehr aus den USA betreute bzw. gegenwärtig leitet, geradezu exemplarisch auf sehr hohem Niveau kompromisslos vorangetrieben. Im Ergebnis führte dies - und das ist kennzeichnend für die guten Lehrer des Fachs - zu einem anästhesiologischen und intensivmedizinischen Niveau der Patientenversorgung, das jedem internationalen Vergleich standhält und damit auch zu einer europäischen Emanzipation der Hochschulmedizin gerade gegenüber den großen nordamerikanischen Kliniken beiträgt. Insofern greifen hier das persönliche berufliche Wirken und die allgemeine fachliche Entwicklung seines Zeitalters Hand in Hand ineinander.

Dies ging natürlich zugleich einher mit eigenen wissenschaftlichen Leistungen, die sich in der beträchtlichen Anzahl international anerkannter Publikationen widerspiegelt. Ebenso ist die wissenschaftliche Ambition erkennbar an der Förderung anästhesiologischer Forschung, ablesbar beispielweise am Ausbau der Sektion für Experimentelle Anästhesiologie an der Freiburger Universitätsklinik unter Förderung von Mitarbeitern, die durch angesehene Stipendien oder wissenschaftliche Preise ausgewiesen sind.

Mit erfreulicher Selbstverständlichkeit mündet eine solche erfolgreiche Fachvertretung in der Übertragung öffentlicher Ämter: So nimmt er seit einiger Zeit die Aufgaben des stellvertretenden Ärztlichen Direktors der Universitätsklinik Freiburg wahr. Als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie hatte Klaus Geiger die Durchführung des Deutschen Anästhesiekongresses 2000 zu verantworten und damit in diesem Jahr gleichzeitig das Fach gegenüber ihren Mitgliedern und nach außen zu vertreten.

Dies ist ihm souverän gelungen, wobei er seine Amtszeit als Präsident über die unmittelbaren Aufgaben hinaus verantwortungsbewusst genutzt hat, um den fachöffentlichen Blick kritisch in die Zukunft zu richten. Denn für ihn ist die Zukunft der ärztlich geprägten und verantworteten Anästhesie keineswegs so selbstverständlich garantiert, wie es angesichts der zumindest wenig beklagenswerten Gegenwart in Deutschland erscheinen mag. Erheblicher anästhesiologischer Nachwuchsmangel in einigen europäischen Nachbarstaaten und das damit einhergehende Entstehen nicht-ärztlich ausgebildeten Anästhesiepersonals müssen Anlass zum Nachdenken über die Ursachen dieser Entwicklung und ihrer zukünftigen Steuerung sein. Klaus Geiger nutzt die Gelegenheiten, hierzu im Rahmen seiner Möglichkeiten als erster Repräsentant des Faches öffentlich Position zu beziehen. Es ist zu wünschen, dass er die notwendige Resonanz im Berufskreis findet.

In persönlicher Hinsicht ist in der letzten Zeit eine Entwicklung des Jubilars festzustellen gewesen, die angesichts seiner beruflichen Fixierung fast schon nicht mehr zu erwarten war. Dank einer Sportart, die in Deutschland noch skeptisch beäugt, im Rest der Welt jedoch selbstverständlich anerkannt ist, scheint er in seiner südbadischen Heimat langsam zu entdecken, dass es auch ein außerklinisches Leben gibt, das zu optimieren sich angesichts der unübersehbaren sportlichen Begabung lohnt. In seinem persönlichen Interesse sollte es weitergepflegt werden.

Die persönlich bereits überbrachten, ganz herzlichen Glückwünsche zum 60. Geburtstag verbindet die Verfasserin mit der Hoffnung auf eine weiterhin gute Gesundheit, der Freude am Leben im Familien- und Mitarbeiterkreis und auf eine bleibend enge Verbindung zur Ostsee.

Gabriele Nöldge-Schomburg

Prof. Dr. med. Gabriele Nöldge-Schomburg

Direktorin der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie der Univ. RostockMedizinische Fakultät

Schillingallee 35

18057 Rostock

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