Dtsch Med Wochenschr 2000; 125(38): 1106-1108
DOI: 10.1055/s-2000-7567
Medizinisches Publizieren
Medizinisches Publizieren
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Qualität deutscher medizinischer Journale

J. Köbberling
Further Information

Publication History

Publication Date:
31 December 2000 (online)

Es gehört in medizinisch-wissenschaftlichen Kreisen geradezu zum guten Ton, über die schlechte Qualität deutscher Fachzeitschriften zu klagen. Ist diese Klage aber wirklich berechtigt und wie lässt sie sich gegebenenfalls begründen?

Wie in vielen anderen Bereichen lässt sich auch bei medizinischen Journalen die Qualität nicht leicht messen. Der beste Indikator für die Qualität einer Zeitschrift dürfte die Qualität der in ihr publizierten wissenschaftlichen Arbeiten sein. Dies drückt sich in erster Linie über den Citation Index und den Impact-Faktor aus, über die auch an anderer Stelle dieses Heftes berichtet wird. Ein niedriger Impact-Faktor muss aber nicht zwangsläufig auf eine schlechte Qualität hinweisen. So führt allein die Verwendung der deutschen Sprache zu einer verminderten internationalen Aufmerksamkeit, zu geringerer Zitierhäufigkeit und damit zu einem geringeren Impact-Faktor. Im folgenden sollen deshalb vor allem Qualitätsindikatoren betrachtet werden, die sich nicht direkt aus der Zitierhäufigkeit ablesen lassen.

Literatur

  • 1 Begg C. et al . Improving the Quality of Reporting of Randomized Controlled Trials. The CONSORT statement.  JAMA. 1996;  276 637-639
  • 2 International committee of medical journal editors . Uniform requirements for manuscripts submitted to biomedical journals.  JAMA. 1997;  19 927-934
  • 3 Kimbel K. German medical editors¿ uphill struggle.  BMJ. 1998;  317 1022A
  • 4 Köbberling J. Ethik und die Publikation von Forschungsergebnissen.  Akt Endokrin. 1993;  14 103
  • 5 Köbberling J. Die (Un-)Abhängigkeit der Herausgeberschaft von medizinisch-wissenschaftlichen Zeitschriften.  Med Klin. 1998;  93 638
  • 6 Köbberling J. Die methodische Qualität von Studien und Publikationen.  Med Klin. 1999;  94 IV
  • 7 Mihan L, Windeler J. Die methodische Qualität kontrollierter Studien in der »Medizinischen Klinik«. Analyse der zwischen 1979 und 1996 erschienenen Arbeiten.  Med Klin. 1999;  94 1-8
  • 8 Windeler J, Richter K, Köbberling J. Die Beschreibung und Prüfung diagnostischer Maßnahmen in deutschsprachigen klinischen Zeitschriften.  Schweiz Med Wschr. 1988;  118 1437-1441
  • 9 Windeler J. Kommentar zum Beitrag über ethische Richtlinien für die Publikation von Forschungsergebnissen.  Akt Endokr. 1993;  14 104-105

Anhang

Kriterien für die Qualitätsbeurteilung wissenschaftlicher Publikationen über klinische Studien (Auswahl)

1. Fragestellung

  • Ist die Fragestellung klinisch relevant und ist sie klar und eindeutig formuliert?

  • Basiert die Fragestellung auf einer vorformulierten Hypothese (konfirmatorische Studie) oder dient sie zur Hypothesengenerierung?

  • Ist die Hypothese hinreichend originell und neu?

2. Literaturangaben

  • Ist die relevante Literatur sorgfältig analysiert, insbesondere unter Bezug auf jüngere Publikationen?

  • Gibt es Angaben zur Methode der Literatursuche mit Hinweisen zur Vollständigkeit?

  • Findet eine unangemessene Eigendarstellung durch Selbstzitate statt?

3. Datenquelle (gilt insbesondere für klinische Studien)

  • Sind die Studienteilnehmer repräsentativ für die Zielgruppe der Studie?

  • Wie wurden die Teilnehmer ausgewählt?

  • Sind Ein- und Ausschlusskriterien dokumentiert?

  • Sind die Angaben zur Methodik geeignet, die Studie zu wiederholen?

4. Zielparameter

  • Sind die Zielparameter für die gestellte klinische Frage geeignet?

  • Sind sie selbst klinisch bedeutsam (klinische Endpunkte oder Surrogatparameter)?

  • Wieviele Zielparameter werden definiert und wie werden diese gemessen?

  • Sind die verwendeten Messinstrumente valide?

5. Studiendesign

  • Handelt es sich um eine »nicht experimentelle« Studie (Kohorten-Studie, Fallkontrollstudie, Querschnittsstudie, kasuistische Mitteilung?

  • Bei experimentellen Studien (Randomized Controlled Trials): Ist der Randomisierungsplan adäquat und wird er ausreichend klar beschrieben?

  • Erfolgt eine Verblindung von Studienteilnehmern und Prüfarzt?

 6. Studienplanung

  • Ist das gewählte Studiendesign für die Fragestellung geeignet?

  • Werden zu vergleichende Gruppen während der Studie gleich oder ähnlich behandelt?

  • Werden sie gleich oder ähnlich beobachtet?

  • Werden die Untersuchungen und Interventionen erschöpfend beschrieben?

  • Gibt es Angaben zur Fallzahlschätzung?

7. Auswertung

  • Ist der Verbleib der Teilnehmer ausreichend dokumentiert?

  • Ist die Nachbeobachtung vollständig?

  • Werden die Teilnehmer in den Gruppen analysiert, in die sie randomisiert wurden?

  • Werden die Daten mit adäquaten statistischen Verfahren analysiert?

  • Werden zu den Lageparametern auch Streuungsparameter angegeben, besonders Konfidenzintervalle?

  • Beantworten die Ergebnisse der Studie die gestellten Fragen?

  • Werden Maße wie relative oder absolute Risikoreduktion (RRR bzw. ARR) und »Numbers needed to treat« (NNT) angegeben und wie groß sind sie?

8. Darstellung der Ergebnisse

  • Wird zwischen klinischer Relevanz und statistischer Signifikanz differenziert?

  • Ist das Ergebnis medizinisch plausibel?

  • Sind absolute Zahlen oder Prozentangaben angegeben?

  • Werden die Ergebnisse ausreichend im Zusammenhang mit anderen Veröffentlichungen diskutiert?

9. Schlussfolgerungen

  • Beschränkt sich der Autor bei den Schlussfolgerungen auf Ergebnisse, die aus der Studie abzuleiten sind?

  • Ist die Wortwahl klar und eindeutig?

  • (Schlechtes Beispiel: »These data may suggest that there could be a slight increase....«)

  • Beantworten die Ergebnisse die eingangs gestellte Frage?

10. Manuskriptaufbau

  • Entspricht der formale Aufbau der Arbeit den Regeln der Zeitschrift?

  • Sind die Abkürzungen erklärt?

  • Entspricht die Art der Literaturzitierung im Text den Anforderungen der Zeitschrift?

  • Entsprechen Aufbau und Systematik des Literaturverzeichnisses den Anforderungen der Zeitschrift?

  • Werden unnötige Wiederholungen vermieden?

  • Werden irrelevante Angaben vermieden?

  • Sind Sprache, Interpunktion und Orthographie angemessen?

  • Finden sich Angaben zu »Sponsorship«, Votum einer Ethikkommission und »informed consent« der Probanden?

Prof. Dr. med. Johannes Köbberling

Schriftleiter der »Medizinischen Klinik« Kliniken St. Antonius Lehrstuhl Innere Medizin II der Universität Witten / Herdecke

Carnaper Straße 48

42283 Wuppertal