Rehabilitation (Stuttg) 2000; 39(4): 231-236
DOI: 10.1055/s-2000-5900
ORIGINALARBEIT
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Vernetzte Rehabilitation am Beispiel des Managements nach einem Unfall

Friedrich Mehrhoff
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

Zusammenfassung:

Auf die Spinne im Netz kommt es an! Nach Arbeitsunfällen können sich die Betroffenen auf die Infrastruktur verlassen, die ihnen in Deutschland die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung bieten. Auf der Ebene der Leistungserbringer lotsen die D-Ärzte die Unfallversicherten nach der Akutbehandlung durch alle rehabilitativen Phasen, und die Berufshelfer (Case-Manager) betreuen die Unfallversicherten umfassend, nicht nur in beruflichen, sondern auch in privaten Angelegenheiten. Beide Gestaltungsfaktoren bilden ein Netzwerk, das sich an den Bedürfnissen der Betroffenen, an der Akzeptanz der Beitragszahler und an der Motivation der Leistungserbringer orientiert. Neben verschiedenen Teilzielen/Instrumenten zielen alle Methoden darauf ab, die Prinzipien „Rehabilitation vor Rente” und „Erhaltung des Arbeitsplatzes” erfolgreich zu realisieren.

Rehabilitation Networking on the Example of Post Injury Management:

No net without a spider! After work accidents the victims can rely on the infrastructure created by the German accident insurance scheme (Berufsgenossenschaften). A surgeon, a socalled transit physician, is responsible after acute treatments also for all phases of rehabilitation. A Case Manager (Berufshelfer), an employee of the Berufsgenossenschaften, advises the victim in all matters, including vocational rehabilitation and personal concerns. Both factors combine to form a network that orientates on the social needs of the injured worker, on the financial tasks of the insurance agency and on incentives to the rehabilitation facilities. The goals comprise “rehabilitation before compensation” and “job retention instead of job loss”.

1 Immer mehr legen private Haftpflichtversicherer und deren Rückversicherer Wert auf ein Reha-Management; s. jüngst den Beitrag von Maier-Lenz/Rischar, in VersR 2000; 32 - 36; s. auch den Beitrag „Reintra - ein Modell zur Wiedereingliederung schwer(st)verletzter Unfallopfer”. VersR 1999, 161 - 167.

2 Dieser Beitrag bezieht sich nur auf den Unfall und nicht auf die Berufskrankheit. Weiterführende Literatur ist beim Verfasser erhältlich. In dieser Zeitschrift bereits: Mehrhoff F, Zurück in den Beruf nach Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Rehabilitation 1997; 36: 84 - 91; Mehrhoff F, Erneuerte Handlungsfelder für die Berufsgenossenschaften. Sozialer Fortschritt 1998; 279 - 282 m. w. N.

3 Auf der Grundlage von politischen Eckpunkten (Stand 28. 10. 1999) entwirft die Bundesregierung derzeit ein Gesetz, das zu Beginn des Jahres 2001 in Kraft treten soll.

4 Der HVBG hat seinen Sitz in Sankt Augustin bei Bonn (Alte Heerstraße 111, 53757 Sankt Augustin), der Bundesverband der Unfallkassen (BUK) in München (Fockensteinstraße 1, 81539 München), der Bundesverband der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften (BLB) in Kassel (Weißensteinstraße 70 - 72, 34131 Kassel).

5 Darin sind sich die einzelnen EU-Staaten und die Europäische Kommission sowie Vertreter in anderen Gremien der EU einig. Das gemeinsame Ziel kommt zuletzt deutlich in der gemeinsamen Erklärung zur Beschäftigungsförderung in Europa zum Ausdruck, womit auch Perspektiven zur Zukunft der sozialen Sicherung in Europa verbunden sind.

6 Insgesamt werden pro Jahr rd. 3 Mio. Berichte ausgetauscht, die ab 2001 auf elektronischem Wege versandt werden sollen. Regionale Modellversuche zur elektronischen Abwicklung mit Leistungserbringern beginnen voraussichtlich noch im Jahre 2000 (DALE-UV).

7 Eine gute Verknüpfung beider Ansätze bietet der Aufsatz von Bonvie/Hildebrandt, Managed-Care-Elemente im berufsgenossenschaftlichen Heilverfahren. Sozialer Fortschritt 1995; 295 - 301.

8 Im zeitlichen Verlauf des Gesundheitsstrukturgesetzes aus dem Jahre 1989 machte bereits die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags den Vorschlag, die Elemente der gesetzlichen Unfallversicherung auch auf die Privatunfälle zu übertragen. Seinerzeit stellte man sich vor, die Unfallversicherung auch die Privatunfälle „managen” zu lassen, um allen Bürgern in Deutschland die Vorteile der dortigen Infrastruktur zugute kommen zu lassen.

9 Weitergehende Informationen sind über die Vereinigung Berufsgenossenschaftlicher Kliniken mit Sitz in 60331 Frankfurt, Postfach 60 01 12, Tel. 0 69/47 05-8 01, Fax 0 69/47 05-8 08, erhältlich.

10 Einen Überblick gibt zuletzt der Aufsatz von Mehrhoff F, Ekkernkamp, Traumatologen und Berufsgenossenschaften. Trauma Berufskrankh 1999; 1: 443 - 447.

11 Bisher liegen Denkschriften zur Behandlung von Querschnittgelähmten, Schwerhirnverletzten und Brandverletzten vor. Exemplare und das Schriftenverzeichnis sind beim HVBG, Abt. Öffentlichkeitsarbeit, 53757 Sankt Augustin, Fax 0 22 41/2 31-13 91, E-Mail: info@hvbg.de, kostenlos erhältlich.

12 Leuftink, Übungsbehandlung nach Arbeitsunfällen, KG - EAP - BGSW. 1. Aufl. 1998.

13 Diese und andere Empfehlungen der drei Bundesverbände der Unfallversicherungsträger finden sich in dem Buch „Richtlinien zur Rehabilitation in der gesetzlichen Unfallversicherung”, 1. Aufl. Gentner Verlag; 1999.

14 Zuletzt eine Forderung auf dem Kongress der Deutschen Vereinigung für die Rehabilitation Behinderter (DVfR) im Jahre 1999: „Die Besonderheiten der gesetzlichen Unfallversicherung zur Steuerung der Heilbehandlung und Rehabilitation gilt es zu erhalten” (so der vorläufige Ergebnisbericht).

15 In der gesetzlichen Unfallversicherung ist seit Jahrzehnten der Ausdruck „Steuerung des Heilverfahrens” gebräuchlich, s. dazu etwa den Beitrag von Leuftink, Die BG 1991; 665 - 666. Diese Begriffe, ebenso wie der Anspruch „Herr des Verfahrens” zu sein, deuten die aktive Rolle und das Bemühen eines Versicherers an, sich selbst in den Mittelpunkt eines vernetzten Systems zu stellen und Verantwortung zu übernehmen. Gleichwohl werden in diesem Beitrag die englischen Begriffe übernommen, die derzeit im Gesundheitswesen in Deutschland verwendet werden. Sogar die o. g. Eckpunkte der Bundesregierung (Anm. 3) verwenden den Begriff des Reha-Managements (Ziff. 6 u. 7). Es kommt aber im Wesentlichen auf den Begriffsinhalt an, den es in Deutschland noch auszuprägen gilt.

16 Im HVBG steht eine Broschüre zur „Rehabilitation und Rehabilitations-Statistik in der gesetzlichen Unfallversicherung” aus dem Jahre 1997 zur Verfügung, in der u. a. Strukturdaten, Daten über medizinische Reha-Maßnahmen, zu berufsfördernden Leistungen und zu sozialen und schulisch-pädagogischen Reha-Maßnahmen ebenso wie zu Pflegefällen zusammengestellt sind. Diese statistischen Quellen, die den am Unfallmanagement Beteiligten eine Fundgrube von Informationen bieten, werden derzeit durch weitere Erhebungen, insbesondere zu Kosten und zu ambulanten Maßnahmen, weiterentwickelt.

17 Das Leistungsspektrum der Berufshelfer ist in einer Broschüre des HVBG zusammengefasst, die auch in englischer und französischer Sprache erhältlich ist. Weiterführende Literatur bei Böhnert W, Aufgaben des Berufshelfers in der gesetzlichen Unfallversicherung. Rehabilitation 1997; 36: 39 - 47, sowie Schröfl, Das Sammelbesuchsverfahren. Die BG 1991; 602 - 605.

18 Die Verpflichtung zur Unfallanzeige der Unternehmer ergibt sich aus § 193 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, der Arztbericht aus Ltnr. 10 des o. g. Ärzteabkommens. Ähnliches gilt für die Berufskrankheiten. Einzelheiten zur „Datenerhebung und -verarbeitung durch Ärzte” sind den §§ 201 ff. SGB VII zu entnehmen.

19 Dazu der Beitrag von Weber-Falkensammer/Mehrhoff F, Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungen zur Heilbehandlung und Rehabilitation in der gesetzlichen Unfallversicherung. Die BG 2000;104 - 111.

20 Zu dieser Zusammenarbeit bietet der Tagungsband 1995 „Zukunft der Arbeit - auch für Leistungsgewandelte” (erschienen 1999 im Wirtschaftsverlag NW) eine Fundgrube.

21 Einzelheiten bei Göbel J, Case-Management zur Erhaltung von Arbeitsverhältnissen Behinderter. Rehabilitation 1999; 38: 209 - 219.

22 Eine Broschüre mit Handlungsanleitungen hat der Landesverband Südwestdeutschland der gewerblichen Berufsgenossenschaften im Jahre 1999 herausgegeben.

Dr. jur. Friedrich Mehrhoff

Leiter der Hauptabteilung Rehabilitation Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften


Alte Heerstraße 111

53757 Sankt Augustin

Email: mehrhoff@HVBG.de

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