Gesundheitswesen 2000; 62(10): 516-524
DOI: 10.1055/s-2000-13038
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Arzneimittelwerbung - Verbraucher wollen Information

Bericht über eine vom Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen (lögd) durchgeführte telefonische Befragung zum Thema Arzneimittelwerbung und Arzneimittelinformation für VerbraucherDrug Advertising Users Demand InformationU. Puteanus
  • Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

Zusammenfassung

Die Laien-Werbung für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel ist in Deutschland umstritten. Während im Sinne des Verbraucherschutzes auf der einen Seite entweder für ein Verbot der Werbung oder für eine ausführliche Angabe von Risiken in den Anzeigen plädiert wird, verlangen die werbenden Arzneimittelanbieter eine Liberalisierung des geltenden Heilmittelwerbegesetzes. Mittels einer repräsentativen telefonischen Befragung der nordrhein-westfälischen Bevölkerung im April/Mai 1999 wurde untersucht, in welchem Ausmaß Werbung Interesse in der Bevölkerung findet, welchen Stellenwert Risikoangaben in der Werbung für die Bürger haben, welche Institutionen die höchste Glaubwürdigkeit bei Arzneimittelinformationen in der Bevölkerung genießen, inwieweit der Standardsatz „Zu Risiken und Nebenwirkungen ...” seinen Zweck erfüllt und inwieweit ein Angebot für eine telefonische Beratung durch unabhängige Experten zu Arzneimitteln angenommen würde. Dabei zeigte sich, dass vor allem Frauen zu knapp 30 % Anzeigen gelegentlich interessiert lesen, jüngere Befragte aufgeschlossener gegenüber Werbeanzeigen sind, Ärzte und Apotheken die höchsten Glaubwürdigkeitswerte erzielen, aber auch zu weiterem Engagement in der Arzneimittelberatung aufgefordert sind, und die Angaben zu Nebenwirkungen und Gegenanzeigen von über 80 % der Bevölkerung in der Arzneimittelwerbung verlangt werden. Der Standardsatz hat nach den Ergebnissen der Befragung bei gut einem Drittel der Befragten zu einer größeren Inanspruchnahme der Heilberufe oder der Packungsbeilage geführt. Dennoch besteht weiterer Informationsbedarf, den knapp die Hälfte der Befragten u. a. bei einem telefonischen Beratungsangebot von unabhängigen Experten decken würde, sofern ein solches Angebot existierte.

Drug Advertising Users Demand Information

In Germany, drug advertising of non-prescription drugs is a controversial subject. On the one hand, consumer organisations plead for placing a ban on advertising or at least to offer a detailed description of medical risks in respect of protection. On the other hand, the pharmaceutical industry is keen on liberalising the specific advertising law for drugs. A representative telephone survey among the population of North Rhine-Westphalia was conducted in April and May 1999. It showed consumer interest in advertising, the value of information on risks, the institution with maximum credibility in drug information for consumers, the importance of the now obligatory sentence after every advertisement: Regarding risks and side effects read the leaflet in the package and ask your physician or pharmacist, and to what extend the consumer would take advice from independent experts over the telephone about drugs. It was found that, in particular women, about 30 % are occasionally interested in advertising, younger people are more open-minded about advertising than older people; and that doctors and pharmacists have the most credibility and are consulted for further information. It was also found that more than 80 % of the population demanded precise information on the side effects of drugs. One-third of the consumers declared that the obligatory sentence (see above) led to greater demand for information from doctors or to read attentively the instruction leaflet. Nevertheless, there is a need for more information from more than half of the consumers, who would take advantage of an independent advice centre if this should exist.

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Udo Puteanus

Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst
des Landes Nordrhein-Westfalen

Von-Stauffenberg-Straße 36, 48151 Münster

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