Aktuelle Urol 2000; 31(1): 41-48
DOI: 10.1055/s-2000-11712
ORIGINALARBEIT
Georg Thieme Verlag Stuttgart ·New York

Veränderungen der intrazellulären Kalziumkonzentration in kultivierten glatten Muskelzellen des unteren Harntraktes durch pharmakologische Stimulation[1]

Alterations of the Calcium Concentration in Cultured Smooth Muscle Cells of the Lower Urinary Tract following Pharmacological StimulationJ. Neuhaus, J.-U Stolzenburg, M. Stenzel, W. Dorschner
  • Klinik und Poliklinik für Urologie, Universität Leipzig
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

Kommentar zur Arbeit

In der vorliegenden Arbeit werden Zellkulturen von glatter Muskulatur aus verschiedenen Regionen des unteren Harntraktes von Mensch und Meerschweinchen in Primärkultur angelegt. Die Zellen werden mit verschiedenen Agonisten stimuliert und das Kalziumsignal mittels Fura2 gemessen. Interessanterweise verhalten sich die Zellen ganz unterschiedlich, d. h. benachbarte Zellen reagieren nicht notwendigerweise auf denselben Agonisten mit einem Anstieg des intrazellulären Kalziums. Die Herkunft der Zellen hat ebenfalls einen Einfluß auf die Stimulierbarkeit. Dadurch ist vorstellbar, daß es in vivo je nach neuronaler Stimulation zu einem sehr unterschiedlichen Reaktionsmuster der Blase kommen kann. Da es schwierig ist, von Patienten genügend Gewebe zu erhalten, um entsprechende Untersuchungen an Streifenpräparaten durchzuführen, ist die Kultivierung dieser Zellen ein großer Fortschritt. Dennoch stellt sich die Frage, inwiefern es sich bei den Zellen in der Kultur um typische glatte Muskelzellen handelt. Sind diese Zellen z. B. noch kontraktil? Es muß deshalb unbedingt mit verschiedenen Markerproteinen der Phänotyp genauer untersucht werden.

Da ein Ziel der Autoren ist, die Regulation der Kontraktion der Blase unter physiologischen und pathophysiologischen Gesichtspunkten zu verstehen, genügt es nicht, das intrazelluläre Kalziumsignal als alleinigen Parameter für die Stimulierbarkeit und die Aktivität der glatten Muskelzellen zu nehmen. Wir wissen inzwischen, daß die Ansprechbarkeit der Myofilamente für Kalzium über einen großen Bereich variiert werden kann. Unter bestimmten Bedingungen findet man sogar eine Kontraktion bei einer basalen Kalziumionenkonzentration. Verantwortlich hierfür sind intrazelluläre Signalkaskaden, die in die Kalziumaktivierung der Myofilamente eingreifen bzw. diese modulieren. Die Kalziumsensitivität der Myofilamente kann dabei durch u. a. die Proteinkinase C, und die Rho-Kinase gesteigert werden. Es gibt erste Hinweise, daß gerade letzteres Signalmolekül vermutlich unter pathophysiologischen Bedingungen verändert ist. Eine erhöhte Expression dieses Enzyms hätte eine gesteigerte Kontraktion zur Folge, ohne daß sich die intrazelluläre Kalziumhomöostase verändert. Die Kalziumsensitivität kann aber auch durch cGMP und cAMP gesenkt werden. Diese Überlegungen zeigen, daß man um einen Gesamteindruck zu bekommen, die Beziehung zwischen der Kraft und dem Kalziumsignal kennen muß, so daß die gezeigten Untersuchungen nur ein erster Schritt in der funktionellen Analyse der Blasenmuskulatur sind.

Direktorin

Prof. Dr. G. Pfitzer

Direktorin

Institut für Vegetative Physiologie der Universität zu Köln

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