Aktuelle Urol 2000; 31(3): 193-195
DOI: 10.1055/s-2000-10601
Kommentar
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die Anwendung der hinteren vertikalen Lumbotomie in der oberen Harnwegschirurgie

N. Udschmadschuridse, Z. Mezvrischwili, A. Chkotua, L. Managadze
  • Institut für Urologie, Tbilissi, Georgien (Direktor: Prof. Dr. L. Managadze)
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Publikationsdatum:
31. Dezember 2000 (online)

Kommentar

Die hintere vertikale Lumbotomie (VL) wurde zuerst 1870 von Simon vorgestellt [[1]]. Diese Methode wurde 1956 [[2]] von Lurz modifiziert. 1956 hat Gil-Vernet sein eigenes Material mit Beschreibung der modifizierten Variante der VL veröffentlicht, wo der Zugang zur Niere und oberen Harnleiter ohne Muskeldurchtrennung erfolgte [[3]]. Im weiteren wurden von mehreren Autoren verschiedene Modifikationen der VL vorgeschlagen (Andaloro und Lilien [[4]], Novick [[5]], Pansadoro [[6]], Gittes und Belldegrun [[7]]), die vorwiegend Hautinzisionen und Lagerungen des Patienten betrafen. Desgleichen wurde die VL von einigen Autoren in der Transplantationschirurgie für die beidseitige Nephrektomie verwendet [[8], [9]]. Ungeachtet dessen hat der obere Zugang keine breite Anwendung in der modernen Urologie gefunden. Die meisten Urologen bevorzugen traditionelle Zugänge wie die Lumbotomie und den suprakostalen, trotzdem er „traumatischer” ist, wobei eine bessere Exposition und die relativ leichte Manipulation an den oberen Harnwegen als Vorteil gelten.

Eine Patientengruppe mit verschiedenen Indikationen wurde von uns über eine VL operiert und nach verschiedenen Kriterien bewertet. Die Ergebnisse wurden am eigenen Material mit der traditionellen Lumbotomie verglichen. Im Zeitraum von September 1988 bis Januar 1999 wurden 273 Patienten (184 Männer, 89 Frauen) - 29 beidseitig - mittels VL in der Modifikation nach Gil-Vernet operiert. Das Alter der Patienten reichte von 15 bis 70 Jahre (im Durchschnitt 39,9 Jahre). Es erfolgten 181 Pyelolithotomien, 63 Ureterolithotomien, 28 Zystenresektionen, 5-mal eine Ureterolysis. Bei 25 Patienten, bei denen eine Stauniere mit eitriger Pyelonephritis vorlag, wurde vor der Operation eine perkutane Nephrostomie angelegt.

Die VL (n = 273) wurde mit der traditionellen Lumbotomie (n = 783) von 08/1988 bis 01/1999 mittels folgender Parameter verglichen: die Durchschnittsdauer der Operation, der postoperative Analgetikaverbrauch, die Hospitalisation, die Länge des Schnittes sowie Wundinfektion und postoperative Hernien (s. Tab. [1]).

Die Operationsdauer war bei der vertikalen Lumbotomie bedeutend kürzer als bei der traditionellen Lumbotomie. Als noch größer erwies sich der Unterschied im Analgetikaverbrauch, der bei der traditionellen Lumbotomie doppelt so hoch lag, desgleichen Hospitalisationsdauer, Schnittlänge und Rate der Wundinfektionen. Postoperative Hernien wurden bei der VL überhaupt nicht beobachtet (Beobachtungszeitraum: 2 - 10 Jahre, im Durchschnitt 4,2 Jahre), bei der traditionellen Lumbotomie betrugen sie hingegen 8,7 %.

Alle Patienten wurden in einer Sitzung operiert. Kardiovaskuläre und respiratorische Probleme traten nach der VL in 2,1 %, nach der tradionellen Lumbotomie in 6,4 % auf, was auf die frühere Aktivität der Patienten zurückzuführen ist.

Nach VL ist somit die postoperative Periode unkomplizierter, die Rehabilitation des Patienten erfolgt schneller und damit die Arbeitsfähigkeit früher. Um sich diese Technik anzueignen, empfiehlt es sich mit leichten Fällen zu beginnen, um später kompliziertere Eingriffe durchführen zu können.

Selbst Ausgusssteine oder die Notwendigkeit einer Nephrostomie sind keine Gegenanzeigen für die VL. Durch VL wurden auch Nephrektomien bei Hydronephrose nach vorausgegangener perkutaner Nephrostomie ausgeführt. Tumoren der Niere oder Pyelonephrosen sowie Rezidiveingriffe sind eindeutige Kontraindikationen.

Zusammenfassend ist die hintere vertikale Lumbotomie im Gegensatz zur traditionellen Lumbotomie ein deutlich weniger traumatisierender Eingriff mit kurzer Liegezeit und schneller Wiederherstellung der Patienten.

Tab. 1Die vergleichende Analyse der hinteren vertikalen und traditionellen Lumbotomie Zugang Durchschnittsdauer der Ope-ration (min) Durchschnittsverwendung von Analgetika (ml) Durchschnittszahl der Hospitalisationsdauer (Tage) Durchschnittslänge des Schnittes (cm) Häufigkeit der Infektionen (%) Häufigkeit der postoperativen Hernien (%) hintere vertikale Lumbotomie 87,4** 2,3* 8,1** 8,4* 3,4** 0* traditionelle Lumbotomie 112,6** 5,8* 13,2** 16,2* 7,1** 8,7* *p < 0,01; **p < 0,05

Literatur

  • 1 Simon G. Exstirpation einer Niere am Menschen.  Deutsche Klinik. 1870;  22 137
  • 2 Lurz H. Ein muskelschonender Lumbalschnitt zur Freilegung der Niere.  Chirurg. 1956;  20 125
  • 3 Gil-Vernet J. New surgical concepts in removing renal calculi.  Urol int. 1965;  20 255
  • 4 Andaloro V A, Lilien O M. Posterior approach to the kidney.  Urology. 1975;  5 600
  • 5 Novick A D. Posterior surgical approach to kidney and ureter.  J Urol. 1980;  124 192
  • 6 Pansadoro V. The posterior lumbotomy.  Urol Clin N Amer. 1983;  10 573
  • 7 Gitties R F, Belldegrun A. Posterior Lumbotomy: Surgery for upper urinary tract calculi.  Urol Clin N Amer. 1983;  10 625
  • 8 Freed S Z, Veith F J, Soberman R, Gliedman M L. Simultaneous bilateral posterior nephrectomy in transplant recipients.  Surgery. 1970;  68 468
  • 9 Kropp K A. Posterior approach to the kidney.  Surg Clin N Amer. 1971;  51 251

Prof. Dr N Udschmadschuridse

Institute of Urology

Tsinandaly st. 9 380044 Tbilissi/Tiflis Republic of Georgia/Georgien