Gesundheitswesen 2000; 62(3): 156-160
DOI: 10.1055/s-2000-10485
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Konzept zur gesundheitsökonomischen Evaluation kurz- und längerfristiger Kosten- und Wirksamkeitsparameter eines erweiterten ambulanten psychosomatischen Rehabilitationsprogramms

M. Albrecht1 , C. Krauth1 , J. Rieger1 , F. Lamprecht2 , A. Kersting3 , F. W. Schwartz1
  • Abt. Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheits-systemforschung, Medizinische Hochschule Hannover
  • Abteilung Psychosomatik und Psychotherapie, Medizinische Hochschule Hannover
  • Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

Zusammenfassung

Für Mütter mit psychosomatischen Erkrankungen (Prävalenz ca. 5 %) existieren wenige ambulante Rehabilitationskonzepte, die kaum evaluiert sind. Ziel der Studie ist die Evaluierung einer ambulanten psychosomatischen Intensivtherapie mit Nachbetreuungsphase und einer ambulanten Rehabilitation ohne Nachbetreuung in Bezug auf gesundheitsökonomische Ergebnisparameter. Die angenommene Vorteilhaftigkeit des erweiterten Programms soll durch den Vergleich aller relevanten Kosten und Nutzen beider Alternativen bestimmt werden.

Die Intensivphase des ambulanten Therapieprogramms besteht aus einer achtwöchigen Behandlung mit Gruppen-, Einzel-, Körper- und Kunsttherapie, die Nachbetreuungsphase verläuft über einen Zeitraum von neun Monaten mit 36 Doppelstunden psychodynamischer Gruppengespräche. Es werden Mütter mit mindestens einem Kind im Vorschulalter vornehmlich mit den Einschlusskriterien Angst-, Ess- und depressive Störungen in die Studie aufgenommen. Die Evaluation beider Programmvarianten erfolgt mithilfe des Instrumentariums der Nutzen-Kosten-Analysen. Für die Kostenerfassung und -bewertung werden direkte medizinische Kosten, direkte nichtmedizinische Kosten sowie indirekte Kosten erhoben. Die Zusammenführung von Kosten und Outcomes erfolgt durch die Verfahren der Kosten-Wirksamkeits-Analyse, Kosten-Nutzwert-Analyse sowie Kosten-Nutzen-Analyse. Per Fragebogen wird die Inanspruchnahme des Gesundheitswesens erfasst, wie z. B. stationäre Aufenthalte, Haus- und Facharztkontakte, sonstige diagnostische und therapeutische Leistungen sowie der Medikamentenverbrauch. Messzeitpunkte sind Beginn und Ende der Rehabilitationsmaßnahme sowie drei, sechs, neun und zwölf Monate nach Ende der Reha-Maßnahme. Für das Therapieprogramm wurden Programmkosten von DM 2271,10 (Intensivtherapie und Nachbetreuung) und DM 1512,40 (Intensivtherapie) pro Patientin errechnet. Inwieweit sich die beiden Alternativen in den Folgekosten (insbesondere bei den Arztbesuchen) unterscheiden, wird im weiteren Projektverlauf untersucht. Die Gesamtkosten (Programm- und Folgekosten) werden dann jeweils mit den Outcome-Parametern ins Verhältnis gesetzt, so dass ein Vergleich der alternativen Programme ermöglicht wird. Es bleibt abzuwarten, ob Nachbetreuungskosten durch geringere Folgekosten bzw. bessere Outcome-Effekte aufgewogen werden. In zu einem späteren Zeitpunkt zusätzlich durchzuführenden Sensitivitätsanalysen wird zu untersuchen sein, inwieweit sich Veränderungen in den getroffenen Annahmen auf die Vorteilhaftigkeit der Alternativen auswirken.

Extended Psychosomatic Rehabilitation Programme for Outpatients: Concept for Health Economy Evaluation of Short-Term and Long-Term Cost and Efficiency Parameters

There are only few ambulatory rehabilitation concepts for mothers with psychosomatic disorders (prevalence 5 %). Also, only little is known about the evaluation of these programmes. This study compares the socioeconomic evaluations of an ambulatory rehabilitation programme with a post-assistance programme and one without a post-assistance programme. The superior programme should be determined by weighing all relevant costs and benefits.

The intensive phase of the ambulatory rehabilitation programme consists of an eight-week treatment with group, single, body and art therapy. The post-assistance programme spans a period of nine-months with 36 sessions of psychoanalytic group therapy. The evaluation of both programme alternatives is made by with the evaluation tool of socioeconomic analyses. For consideration and pricing of costs all direct medical costs, direct non-medical costs and indirect costs are being monitored. Outcomes assessment is realised by cost-effectiveness analysis, cost-utility analysis and cost-benefit analysis. Utilisation of the health care system is being assessed with questionnaires. Measurements are being performed at the beginning and the end of the rehabilitation programme and three, six, nine and twelve months later. Mothers with children aged six years and younger and suffering from various psychosomatic disorders were included in this study.

The costs identified for the rehabilitation programme are DM 5571.10 (intensive care and post-assistance programme) and DM 1512.40 (intensive care) per patient. Further progress of the study will show if future cost will differ between the two alternatives. For the comparison of both alternatives all costs will be linked with outcomes. It remains to be seen that additional costs of the post-assistance programme will be compensated with positive outcomes. A sensitivity analysis will show if variation of assumptions will influence the cost-benefit-ratio of the different alternatives.

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Fußnoten

1 Unter der Betreuung der Rehabilitationswissenschaftlichen Abteilung des Verbands der Rentenversicherungsträger (VDR) wurde eine Arbeitsgruppe zur Harmonisierung der wissenschaftlichen Methodik eingerichtet, die umfangreiche Empfehlungen zu methodischen Standards im Bereich der Rehabilitationsökonomie vorgelegt hat 7, 8.

2 auch: Kosten-Effektivitäts-Analyse

Dr. Christian Krauth

Abt. Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung

Medizinische Hochschule Hannover

30623 Hannover

Email: krauth@epi.mh-hannover.de

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