Geburtshilfe Frauenheilkd 1999; 59(12): 616-621
DOI: 10.1055/s-1999-15638
Originalarbeit

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Was bedeutet die Diagnose AGS für junge Mädchen und erwachsene Frauen?

Gynecologic Implications of the Adrenogenital Syndrome in Adolescent and Adult WomenI. Wachter1 , M. Stefanidou1 , D. Knorr2 , H. P. Schwarz2
  • 1Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Technischen Universität Dresden
  • 2Dr. v. Hauner'sches Kinderspital der Ludwig-Maximilians-Universität München, Abteilung für pädiatrische Endokrinologie
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. Dezember 1999 (online)

Zusammenfassung

Die Zusammenhänge um die verschiedenen Formen des AGS und das Management im Rahmen der Substitutionstherapie sind den meisten Pädiatern gut bekannt. Im geschlechtsreifen Alter wechseln die betroffenen Frauen ihren ärztlichen Ansprechpartner, und nicht selten besteht große Unsicherheit von Seiten der behandelnden Frauenärzte, wenn gynäkologische Probleme gelöst werden müssen. In dieser Studie wird zu relevanten Fragen an einem Patientenkollektiv Stellung genommen, das im Dr. v. Hauner'schen Kinderspital in München von 1958-1996 wegen eines AGS behandelt worden war. 100 Frauen ≥18 Jahre wurden angeschrieben, 21 wollten zu einer gynäkologischen Untersuchung mit ausführlichem Gespräch in der Klinik erscheinen, 24 wollten lediglich einen Fragebogen beantworten. Im Endeffekt konnten Daten von 45 Patientinnen ausgewertet werden (15 Patientinnen: AGS mit Salzverlust, 26 Patientinnen: unkompliziertes AGS, 4 Patientinnen: late-onset AGS). Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung lag 8× ein Prader-Stadium l, 10× ein Prader-Stadium II, 10× ein Prader III, 14× ein Prader-Stadium IV und 2× ein Prader-Stadium V vor. Das mittlere Menarchealter war 13,9 Jahre bei den Patientinnen mit unkompliziertem AGS, 14,8 Jahre bei AGS mit Salzverlust und 16,5 Jahre bei denen mit der late-onset Form. 33 Patientinnen waren sexuell aktiv (73,3%). 16 wurden schwanger, aber nur Frauen mit unkompliziertem AGS und late-onset AGS (n = 14) haben Kinder geboren: 13 Spontangeburten, 2× vaginal-operative Entbindungen, 11× Sectio caesarea. Die Untersuchung zeigt, daß Schwangerschaft und spontane Geburt im Zustand nach Genitalkorrektur in der Kindheit bei AGS möglich sind. Andererseits gibt es Probleme, mit denen die Patientinnen lebenslang konfrontiert sind.

Abstract

Objective: The adrenogenital syndrome (AGS) is familiär to pediatricians but less so to gynecologists. The aim of this study was to evaluate the gynecologic history and status of adult females with AGS.

Methods: We attempted to contact 100 patients with AGS treated at our institution between 1958 and 1996. Forty-five patients completed a questionnaire; 21 additionally underwent a gynecologic examination.

Results: Fifteen patients had the salt-wasting form, 26 the simple virilizing form, and 4 the late-onset form of AGS. The mean age of menarche was 14.8, 13.9, and 16.5 years, respectively. Before reconstructive surgery, genitalia had been Prader intersexual stage 1 in 8, stage II in 10, stage IV in 14, and stage V in 2 patients. Menstrual irregularities were reported by 75% and urologic problems by 33% of the women. Thirty-three patients (73%) were sexually active. Sixteen patients became pregnant and those with the simple virilizing or late-onset form of the condition delivered a total of 26 children (13 vaginal, 2 forceps, and 11 cesarean deliveries).

Conclusions: These data confirm the long-term concerns associated with AGS. However, pregnancy and vaginal delivery are feasible in many of these women despite previous genital surgery.