Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-1999-10836-3
Intraoperativer Myokardinfarkt - sind unsere präoperativen Risikoevaluierungsmaßnahmen ausreichend?
Publication History
Publication Date:
28 April 2004 (online)
Fallbeispiel: Ein 66jähriger Patient kommt zur Operation eines 2. Rezidivs eines Meningeoms der Keilbeinhöhle. Anamnese: Normale Belastungsfähigkeit, keine Ödeme, keine Zyanose, keine früheren myokardialen Ischämieereignisse, keine pektanginösen Beschwerden, keine periphere arterielle Verschlußkrankheit. Risikofaktoren: keine. Klinische Untersuchung. Pulmo: sonorer KS, keine RG's; Cor: regelmäßiger Puls, 80/min, Töne rein, RR 140/80. Röntgen Thorax: linksverbreitertes Herz, keine Stauung, keine frischen pulmonalen Infiltrationen. 12-Kanal-EKG: (4 Wochen vor OP beim Hausarzt angefertigt) LT, SR, 65/min, keine ERBS, keine Hypertrophiezeichen. Verlauf: Nach einem unproblematischen Narkoseverlauf kommt es beim Ausleiten der Narkose zu polytopen VES, intermittierendem Bigeminus und kreislaufwirksamen ventrikulären Salven. Der Patient muß zunächst weiter sediert und beatmet werden. Er wird erst auf der Intensivstation im Verlaufe eines Tages von der Beatmung entwöhnt. Elektrokardiographisch und enzymchemisch kann ein akuter Myokardinfarkt nachgewiesen werden. In der transösophagealen Echokardiographie kommen Hypokinesien im septo-apikalen, inferior-apikalen und anterior-septo-apikalen Bereich zur Darstellung. Aufgrund der echokardiographischen Morphologie muß der Verdacht auf frühere myokardiale ischämische Episoden geäußert werden. Im Nachhinein beschreibt die Ehefrau des Patienten auf gezieltes Befragen ein akutes nächtliches Ereignis mit thorakalen Schmerzen und Kaltschweißigkeit einige Tage vor der Operation. Dies wurde von dem Patienten negiert oder vielleicht sogar aus Angst vor einem möglichen Verschieben des OP-Termins bewußt verschwiegen. Zusammenfassung: Die körperliche Untersuchung, EKG, Rö-Thorax und Labor haben bei diesem Patienten das bestehende aktuelle koronare Risiko nicht erfaßt. Eine Wiederholung des 4 Wochen zuvor angefertigten EKG zusammen mit einer insistierenden Anamneseerhebung hätten dieses Risiko vielleicht aufzeigen können. Dieser Fallbericht zeigt, daß die routinemäßigen „üblichen” präoperativen Risikoevaluierungsmaßnahmen allenfalls ausreichend sind, wenn sie detailgenau und zielgerichtet durchgeführt werden.
Dr. S. Geiger
Klinik und Poliklinik für Anästhesie und Intensivtherapie
Universitätsklinikum TU Dresden
Fetscherstraße 74
D-01307 Dresden