Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 1999; 34(9): 588-590
DOI: 10.1055/s-1999-10836-2
ASTRACTS
Georg Thieme Verlag Stuttgart ·New York

Anwendung der dekompressiven Kraniektomie als Behandlungsalternative bei erhöhtem intrakraniellen Druck:

S. Geiger, S. Adam, M. Ragaller, S. A. May1 , J. Hampl1 , G. Schackert1 , D. M. Albrecht
  • Klinik für Anästhesie und Intensivtherapie, 1Klinik für Neurochirurgie, Universitätsklinikum Carl-Gustav-Carus der Technischen Universität Dresden
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Publication Date:
28 April 2004 (online)

Ziele: Patienten mit ausgeprägtem Hirnödem nach Kontusionsblutungen oder anderen intrakraniellen Hämatomen nach schwerem Schädel-Hirn-Trauma können ungeachtet der medikamentösen antiödematösen Therapie persistierend erhöhte Hirndruckwerte mit der Folge eines negativen Behandlungsergebnisses haben. Ermutigt durch die erfolgreiche Behandlung von Einzelfällen untersuchten wir die positiven Effekte der beidseitigen dekompressiven Kraniektomie und Duraerweiterungsplastik. Material und Methoden: 22 aufeinanderfolgende Patienten (18 männl., 4 weibl.) mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma wurden eingeschlossen. Alle waren intubiert, sediert und kontrolliert beatmet. 12 Patienten hatten Störungen der Pupillenmotorik mit zumindest einseitig fehlender Lichtreaktion. In 14 FäIlen zeigte das kranielle axiale Computertomogramm (CCT) raumfordernde Kontusionsblutungen und/oder subdurale Hämatome mit perifokalem Hirnödem, Kompression der inneren Liquorräume und Verlagerung der Mittellinie zur Gegenseite. Bei diesen 14 Patienten wurde eine frühzeitige dekompressive Kraniektomie und Hämatomausräumung durchgeführt. In 4 Fällen wurde sogar eine beidseitige Kraniektomie durchgeführt. Bei allen 22 Patienten wurde eine epidurale Sonde zur Messung des intrakraniellen Druckes (ICP) angelegt. In einer retrospektiven Untersuchung wurden Apache-II-Score, Ausmaß der computertomographisch erfaßbaren morphologischen Schädigung (Marshall-Score), ICP, Dauer der Analgosedierung, Dauer der Intensivbehandlung, Glasgow Coma Scale (GCS) bei Aufnahme und bei Verlegung sowie Glasgow Outcome Scale (GOS) analysiert. Ergebnisse: Die kraniektomierten Patienten hatten wenig GCS-Punkte (4 ± 2,5) und einen hohen Apache-II-Score (23 ± 3,8) bei Aufnahme. Sie benötigten über lange Zeit Analgosedierung (9 ± 4,6 d). Trotz der schwerwiegenden Hirnschädigung (ICP 19 ± 4,5 mmHg und Marshall-Score IVb und Vb) konnte ein relativ gutes Behandlungsergebnis (GCS bei Verlegung 12 ± 3,4; 50 % der Patienten GOS 1 - 3), wenngleich nach einer langen Behandlungsdauer (27 ± 12,8 d), erzielt werden. Diskussion: Die frühzeitige dekompressive Kraniektomie bei Patienten mit erhöhtem ICP infolge von traumatischem Hirnödem und raumfordernden intrakraniellen Blutungen kann die Überlebensrate und das Behandlungsergebnis günstig beeinflussen. Diese Behandlung ist besonders effektiv bei jungen Patienten. Bei Patienten mit begleitender Leberfunktionsstörung und entsprechender hämorrhagischer Diathese ist die Indikation zur Dekompression zurückhaltend zu stellen.

Dr. S. Geiger

Klinik und Poliklinik für Anästhesie und Intensivtherapie

Universitätsklinikum TU Dresden Fetscherstraße 74, D-01307 Dresden