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DOI: 10.1055/s-0044-1788524
Sterbeort Zuhause – stirbt es sich stets würdevoll? Eine Beobachtungstudie zur Prävalenz anonymer Todesfälle und Suizide im häuslichen Umfeld
Hintergrund Ziel der Untersuchung war es, die Prävalenz eines anonymen Versterbens Zuhause (A) sowie das Begehen eines Suizides (S) im häuslichen Umfeld zu bestimmen, die Auffindesituation der Leiche zu beschreiben und assoziierte Faktoren für die besondere Art dieses Versterbens Zuhause zu ermitteln.
Methode Datengrundlage bildeten sämtliche Todesbescheinigungen und Notarztprotokolle der Stadt Münster des Jahres 2017. Die Datenquellen wurden pseudonymisiert abgeglichen. Als Indikator für ein anonymes häusliches Versterben wurde das Auffinden einer Leiche mit Fäulniszeichen gewertet. Suizide wurden durch ärztlich Angaben zur Todesart und Todesursache identifiziert. Informationen zu Erkrankungen und zur Sozialisation des Verstorbenen wurden mittels binärer logistischer Regression auf eine mögliche Assoziation zur Sterbesituation untersucht.
Ergebnisse Insgesamt wurden 3.844 Todesbescheinigungen und 6.641 Notarzteinsätze ausgewertet. 576 Personen waren Zuhause verstorben. In 34,0% (196) der Fälle war ein Notarzteinsatz am Lebensende erfolgt. Das mittlere Alter der häuslich Verstorbenen betrug 75,5+/- 15,3 Jahre, weiblicher Anteil 48,1% (277). Bei 29 Verstorbenen wies die Leiche Fäulniserscheinungen (A) auf, 20 Personen hatten Selbstmord (S) begangen. Daraus ermittelte sich eine Prävalenz von: 5.0% [95%-KI 3,2-6,8%] (A) bzw. 3,5% [95%-KI 2,0-5,0%] (S). Folgende Faktoren waren mit der Sterbesituation assoziiert: (A): Männer (OR 2,8 [95%-KI 1,1-6,7]),<65 Jahre (OR 3,5 [95%-KI 1,6-7,6]); (S):<65 Jahre (OR 16,2 [95%-KI 4,9-54,2]), mit einem Lebenspartner zusammenlebend (OR 3,9 [95%-KI 1,2-12,6]), Depression (OR 16,0 [95%-KI 4,6-55,5]).
Schlussfolgerung Belastende Sterbesituationen Zuhause, wie ein häusliches anonymes Versterben bzw. das Begehen eines Suizides, stellen keine seltenen Ereignisse dar. Entsprechend sollte der Sterbeort Zuhause differenzierter betrachtet und nicht ausnahmslos mit dem Attribut eines „guten Versterben“ verbunden werden.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
26. August 2024
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