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DOI: 10.1055/s-0044-1788512
Der digitale Nachlass in der Begleitung am Lebensende: Unspektakulär und bedeutungslos oder zu wenig beachtet? – Eine Online-Umfrage
Hintergrund Stirbt ein Mensch, hinterlässt er nicht nur Spuren in der analogen, sondern ebenso in der digitalen Welt. Dieser digitale Nachlass ist ein Bestandteil moderner Identitätskonstruktion, gestaltet Persönlichkeit und Lebensgeschichte mit und kann für Betroffene und Zugehörige von großer Bedeutung sein. Trotz der zunehmenden Bedeutung dieses Themas besteht eine signifikante Forschungslücke. Eine Diskussion zur Bedeutung des digitalen Nachlasses für eine wert- und würdevolle Begleitung am Lebensende findet nicht statt.
Methode Auf der Grundlage der Empfehlungen einer vom BMJ geförderten Studie zum Umgang mit dem digitalen Nachlass wurde ein 34-Items umfassender Fragebogen entwickelt und im Zeitraum vom 05.12.2023 bis 05.02.2024 eine deutschlandweite Online-Befragung mittels Zufallsstichprobe durchgeführt. Teilnehmende wurden über Palliativ- und Hospizorganisationen rekrutiert mit dem Ziel Einstellung, wahrgenommenen Bedarf und Kompetenzerfordernisse sowie persönliche Erfahrungen und Einschätzungen verschiedener Berufs- und Tätigkeitsgruppen, darunter Pflege, Medizin, Soziale Arbeit und Ehrenamt, zu erfassen. Die erhobenen Daten wurden mittels deskriptiver Statistik analysiert, wobei vier in die Umfrage integrierte Freitextmöglichkeiten inhaltsanalytisch ausgewertet wurde
Ergebnisse 396 Personen nahmen an der Umfrage teil, darunter Fachkräfte (42.3%) und Ehrenamtliche (30.8%). Bei 26.9% war eine eindeutige Identifizierung nicht möglich, sie machten von der Option 'Sonstige' Gebrauch. Die Mehrheit der Befragten ist weiblich (82.3%), über 50 Jahre alt (74.5%) und verfügt über>5 Jahre Berufs- oder Tätigkeitserfahrung (75.7%), vorwiegend in der ambulanten Versorgung (66%). Die Studie zeigt, dass die Mehrheit der Befragten die Relevanz des digitalen Nachlasses als hoch einschätzt. Gleichzeitig findet er, so 85.8% der Befragten, in der Begleitung am Lebensende nicht genügend Beachtung. Die Art und Weise der Auseinandersetzung variiert erheblich und ist teilweise ambivalent. Es besteht Unsicherheit hinsichtlich beruflicher Zuständigkeiten und Beratungsbedarf, wobei entsprechende eigene Kompetenzen von den meisten als unzureichend wahrgenommen werden und eine Kenntniserweiterung oder -vertiefung angestrebt wird (90.1%). Die Freitextantworten verdeutlichen mangelndes Bewusstsein, Unsicherheiten und den Wunsch nach Fortbildung und unterstützenden Materialien.
(Encore Abstrakt)
Schlussfolgerung Die Diskrepanz zwischen der erkannten Bedeutung und der fehlenden direkten Auseinandersetzung mit dem eigenen digitalen Nachlass wird deutlich und unterstreicht die Notwendigkeit gezielter Maßnahmen, die bestehende Wissenslücken schließen und die Sensibilisierung für einen wert- und würdevollen Umgang mit dem digitalen Nachlass in der Begleitung am Lebensende fördern.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
26. August 2024
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Georg Thieme Verlag KG
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