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DOI: 10.1055/s-0044-1788394
Physiotherapie in der deutschen Palliativversorgung
Hintergrund Aufgabe physiotherapeutischer Maßnahmen bei Palliativpatienten ist zumeist Schmerzlinderung, Förderung der aktiven Bewegungsmöglichkeiten und damit Verbesserung von Lebensqualität und Wohlbefinden. Damit stellt die Physiotherapie in der palliativmedizinischen Versorgung eine wichtige Ergänzung zur ärztlichen und medikamentösen Therapie dar. Ziel dieser Studie ist, die spezifischen Herausforderungen, Selbstwahrnehmung und Therapieansätze von Physiotherapeut:innen in der deutschen Palliativversorgung zu erfassen.
Methode Es wurde im Zeitraum 27.01.–31.05.23 eine anonyme Online-Befragung deutscher Physiotherapeut:innen mit einem 22 Fragen umfassenden Fragebogen durchgeführt. Die Daten wurden deskriptiv analysiert und die Freitextantworten thematisch ausgewertet.
Ergebnisse Insgesamt 450 gültige Antworten wurden ausgewertet, wovon 349 (78%) Teilnehmer:innen in der Palliativversorgung tätig sind. Eine der Hauptaufgaben bei der Behandlung von Palliativpatient:innen ist die Atemtherapie (85%), allgemeine krankengymnastische Maßnahmen (82%) und Massageanwendungen (72%). Des Weiteren führen 71% ADL-Training durch. Die Auswertung der Freitextantworten ergab 5 Themenbereiche, die die Arbeit und Herausforderungen der Physiotherapeut:innen in der Palliativpflege näher darstellen. Es wurde deutlich, dass die Rolle der Physiotherapeut:innen über die rein therapeutischen Aufgaben hinausgeht und auch psychosoziale Unterstützung bietet. Ein zentrales Problem ist die von Krankenkassen finanzierte Therapiedauer von lediglich 20 Minuten, die oft nicht ausreicht, um die Therapie individuell an den Tageszustand der Patient:innen anzupassen. Physiotherapeut:innen, die bisher nicht mit Palliativpatient:innen gearbeitet haben, haben einen hohen Fortbildungsbedarf und fühlen sich ohne geeignete Weiterbildung oft nicht in der Lage, angemessen mit dieser Patientengruppe umzugehen. Viele Physiotherapeut:innen empfinden, zu spät in die Behandlung einbezogen zu werden und es mangelt ihrer Ansicht nach bei anderen Berufsgruppen oftmals an Wissen über das Spektrum ihrer Expertise.
Schlussfolgerung Die besondere Herausforderung der in Palliative Care tätigen Physiotherapeut:innen besteht darin, dass sie eine besondere Sensibilität und Flexibilität aufweisen müssen, um sich individuell an den Gesundheitszustand und die Bedürfnisse ihrer Patient:innen anzupassen. Ein von den Krankenkassen festgelegter Zeitrahmen von 20 Minuten pro Behandlungseinheit entspricht nicht immer den tatsächlichen Anforderungen und Bedürfnissen der schwerkranken Patient:innen. Es bedarf mehr Aus- und Fortbildungsprogrammen, sowohl auf Seiten der Physiotherapeut:innen als auch bei anderen Berufsgruppen der Palliativversorgung, um Physiotherapeut:innen entsprechend ihrer Qualifikation gezielt und frühzeitig einsetzen zu können.
Publication History
Article published online:
26 August 2024
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