Z Geburtshilfe Neonatol 2023; 227(S 01): e152
DOI: 10.1055/s-0043-1776457
Abstracts
DGPM

Post partale Sexualität: Welchen Einfluss hat der Geburtsmodus und die Beckenbodenfunktion?

N. Scholten
1   Universitätsklinikum, IMVR, Köln, Deutschland
,
F. Thangarajah
2   Universitätsklinikum Essen, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Essen, Deutschland
,
J. Soff
1   Universitätsklinikum, IMVR, Köln, Deutschland
,
C. Hagenbeck
3   Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Düsseldorf, Deutschland
› Author Affiliations
 

Einleitung Die weibliche Sexualität wird durch eine Geburt beeinflusst. Haupteinflussfaktoren sind neben dem Geburtserleben an sich und den veränderten Lebensumständen die Funktionsfähigkeit des Beckenbodens, wie auch Verletzungen der Geburtswege. Die weibliche sexuelle Funktionsfähigkeit (FSF) umfasst verschiedene Dimensionen, von der subjektiven Zufriedenheit bis hin zu physiologischen Aspekten wie Schmerzfreiheit und Orgasmusfähigkeit Klicken oder tippen Sie hier, um Text einzugeben. Ziel der Analyse war es den Zusammenhang zwischen Geburtsmodus und FSF zu untersuchen.

Methode Durch eine anonyme online Befragung via Social Media (Instagram) wurden im Herbst 2022 die Daten von 2930 Frauen erhoben. Einziges Einschlusskriterium war eine Geburt innerhalb der letzten 5 Jahren. Zur Erfassung der FSF wurde der validierte PISQ-IR Fragebogen genutzt, welcher die Zusammenhänge zwischen Beckenboden und Sexualität fokussiert. Der PISQ-IR unterscheidet zwischen sexuell aktiven (SX-A) und sexuell nicht-aktiven (SX-NA) Frauen und bildet unterschiedliche Dimensionen weiblicher Sexualität ab.

Ergebnisse Insgesamt geben 25% der Befragten an sexuell nicht aktiv zu sein (weder alleine noch mit Partner*in). Der Aussage "Mein Sexualleben frustriert mich" stimmen in Bezug auf die SX-NA Frauen 19,7% sehr zu und 46,8% etwas zu. Bei den SX-A Frauen sind dies 7,2% die hier sehr zustimmen und 34,9% die etwas zustimmen. Das Vermeiden sexueller Aktivität aufgrund von Harnverlust oder Senkungsbeschwerden wird von 13,4% der SX-A und von 22,9% der SX-NA Frauen berichtet. Hierbei zeigt sich ein signifikanter Zusammenhang (Ch2-test, p=0.000) zwischen Geburtsmodus der letzten Geburt und dem Vermeiden sexueller Aktivität. Das Vermeiden sexueller Aktivität aufgrund einer Beckenbodenproblematik ist nach vaginal-operativer Geburt am höchsten und nach Sectio am geringsten. In Bezug auf die SX-A Frauen ergibt sich eine signifikante Assoziation zwischen Geburtsmodus und vermeidendem Verhalten (vaginal-operative Geburt: OR: 1,6; p=0.016 und Sectio: OR: 0.33; p=0.000; Ref. vaginale Geburt). Hinsichtlich der empfundenen Frustration mit dem Sexualleben zeigt sich keine signifikante Assoziation zum Geburtsmodus. In Bezug auf die Intensität erlebter Orgasmen zeigt sich dagegen ein negativer Effekt der Sectio im Vergleich zur vaginalen Geburt (spontan und operativ). Dieser Effekt ist unabhängig vom zeitlichen Abstand zur letzten Geburt und Stillverhalten.

Diskussion Unsere Daten zeigen, dass ein relativ hoher Anteil der Frauen post partal sexuelle Einschränkungen erfährt, die sich auch auf eine eingeschränkte Funktionsfähigkeit des Beckenbodens zurückführen lassen. Auch wenn die Varianzaufklärung gering ist, scheint der Geburtsmodus und das Vermeiden sexueller Aktivität im Zusammenhang zu stehen. Hinweise auf eine veränderte Wahrnehmung der Orgasmusintensität in Abhängigkeit des Entbindungsmodus konnte gezeigt werden, deren Ursachen weiter untersucht werden sollten.



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Article published online:
15 November 2023

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