Geburtshilfe Frauenheilkd 2023; 83(06): e33
DOI: 10.1055/s-0043-1769871
ABSTRACTS | MGFG

Hepatocyte growth factor (HGF) im Urin als prognostischer Biomarker bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom

S. Locke
,
D. M. Klotz
,
T. Link
,
J. D. Kuhlmann
,
P. Wimberger
 

In Deutschland erkrankt etwa eine von 76 Frauen in ihrem Leben an einem Ovarialkarzinom. Die Prognose ist mit einer relativen 5-Jahres-Überlebensrate von 42% schlecht. Das Spektrum an Therapieoptionen hat sich in den vergangenen Jahren maßgeblich vergrößert. So kann bei BRCA1/2 Mutationsträgerinnen oder HRD-Positivität nach Ansprechen auf die platinhaltige Chemotherapie der PARP-Inhibitor Olaparib in der Erstlinientherapie eingesetzt werden. Diese Biomarker basieren auf Keimbahn- oder Gewebeexpressiontestungen, welche zum Teil aufwendig in Spezialzentren durchgeführt werden müssen. Ein innovativer Ansatz ist, Biomarker aus leicht zu gewinnenden Körperflüssigkeiten zu bestimmen.

Das Protoonkogen MET kodiert für die Tyrosinkinase cMET, welche den einzigen endogenen Rezeptor für HGF darstellt. Signalkaskaden, die durch die HGF/cMET-Achse kontrolliert werden, umfassen unter anderem MAPK-, PI3K- und NF-κB-Signalwege. Wir konnten zeigen, dass HGF im Serum bei Erstdiagnose und während der Erstlinientherapie ein unabhängiger prognostischer Prädiktor bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom ist. Das Ziel dieses Projektes war die weitere Etablierung und Charakterisierung von HGF als Biomarker für das Ovarialkarzinom, besonders im Urin.

Es erfolgte die Bestimmung von Urin-HGF (uHGF) mittels ELISA bei einer Auswahl von Patientinnen (n=51) bei Erstdiagnose eines Ovarialkarzinoms. Als Vergleichsgruppe wählten wir gesunde Normalspenderinnen (n=13).

Wir konnten zeigen, dass uHGF sich zwischen Normalspenderinnen und Patientinnen mit Ovarialkarzinom signifikant unterscheidet (p < 0,05; ROC Kurve: AUC 0,71; 95% CI: 0,55 - 0,87, p < 0,01). Zudem korrelierten uHGF und uCA125 (r=0,320 95% CI: 0,04127-0,5538). Patientinnen mit Diabetes mellitus oder arterieller Hypertonie zeigten im Vergleich mit Patientinnen ohne diese Diagnosen keine signifikanten Unterschiede im uHGF-Level. Mittels Berechnung des optimalen Schwellenwertes teilten wir die Patientinnen in eine uHGF low- und eine uHGF high-Gruppe. Patientinnen in der uHGF low-Gruppe zeigten eine signifikant bessere Prognose im overall survival (OS: HR=0,4688, 95% CI: 0,2095-1,049, p=0,0130). Es zeigte sich kein signifikanter Unterschied im progression free survival (PFS: HR=0,6539, 95%CI: 0,3388-1,262; p=0,3558).

Zusammenfassend zeigen wir zum ersten Mal die prognostische Relevanz von uHGF bei Ovarialkarzinom-Patientinnen. Im Vergleich zu einer Serumprobe ist eine Urinprobe noch einfacher und völlig schmerzfrei zu gewinnen. Die Urinexkretion eines Biomarkers durch die Niere könnte potenziell durch Vorerkrankungen beeinflusst werden. Wir konnten zeigen, dass dies bei arterieller Hypertonie und Diabetes mellitus nicht der Fall war. Unsere Daten ermutigen daher zu weiteren Studien bezüglich der Rolle von uHGF bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom, um diesen Marker zur Therapieüberwachung und zur Anpassung eines individuellen Therapiekonzeptes zu verwenden.



Publication History

Article published online:
21 June 2023

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