Geburtshilfe Frauenheilkd 2023; 83(06): e31
DOI: 10.1055/s-0043-1769866
ABSTRACTS | MGFG

Juveniler Granulosazelltumor in einer Geminischwangerschaft

C. Heinemann
,
J. Herrmann
 

Adnextumoren sind mit einer Inzidenz von bis zu 5,3 % eine der häufigsten Komplikationen in der Schwangerschaft, wobei nur ein minimaler Anteil davon maligne ist (Inzidenz 1: 12.000-47.000). Die vorzugsweise laparoskopische operative Intervention im 2. Trimenon zielt auf die Vermeidung von Komplikationen wie Torsion, Ruptur sowie Prognoseverschlechterung bei unerkannter Malignität ab, welche das perinatale Outcome verschlechtern können. Maligne Ovarialtumoren werden in der Schwangerschaft meist in den Frühstadien entdeckt (80 % FIGO-Stadium I) und müssen individuell therapiert werden.

Falldarstellung In der 33+3. SSW erfolgte die Vorstellung einer 35-jährigen IV. Gravida II. Para mit DCDA-Geminigravidität zur Geburtsplanung. Es bestand der Z.n. 2 x Sectio caes. und ein parazervikales Myom von 13cm mit Größenprogredienz im Schwangerschaftsverlauf war bekannt. Sonographisch zeigte sich ein malignitätssuspekter, zystisch-solider, glatt-begrenzter Ovarialtumor von 17x15 cm, im kleinen Becken liegend, verstärkt vaskularisiert. Das CA 125 war nur leicht erhöht (46,9 U/ml). Bei Blasensprung und Wehenbeginn erfolgte die geplante Re-Re-Sectio mit Adnexektomie links bereits in der 34+2. SSW (lebensfrische, eutrophe Mädchen). Der weiche, aber intakte Ovarialtumor mit reichlich oberflächlichen Gefäßen wurde aus dem kleinen Becken luxiert. Es erfolgte die problemlose Adnexektomie links (Ovar 1336 g, 18x15x10 cm), Zytologie und PE am rechten Ovar. Histologisch ergab sich ein juveniler Granulosazelltumor im Stadium pT1a R0. Die leitliniengerechte OP-Komplettierung wurde von der Patientin abgelehnt.

Die zu den Keimstrang-Stroma-Tumoren gehörenden Granulosazelltumoren machen in der Schwangerschaft nur 0,5% der Ovarialtumoren aus – sonst 5-8%. Der allerhäufigste, peri- und postmenopausal auftretende Subtyp ist der adulte Granulosazelltumor (95%); selten ist der juvenile Granulosazelltumor (auftretend im 10.-20. Lebensjahr).

Juvenile Granulosazelltumoren in der Schwangerschaft sind in der Literatur nur sehr selten beschrieben, werden nahezu immer im FIGO Stadium I und meist vor dem 3. Trimenon entdeckt (91%). Durch den Mangel an Interstitialgewebe, Ödeme und Nekrosen im Tumor besteht ein erhöhtes Rupturrisiko. ß-HCG kann das Tumorwachstum verstärken. Die Therapie beinhaltet die Hysterektomie mit beiden Adnexen, Omentektomie und peritoneales Staging (Fertilitätserhalt nur im Stadium I möglich).

Diskussion Sonomorphologische Veränderung des Befundes im Laufe der vorliegenden Schwangerschaft führten zur späten Äußerung des Malignitätsverdachts, aber durch die fortgeschrittene SSW und korrekte OP-Planung konnte die bestmögliche Situation für Mutter und Kinder erreicht werden – ohne dass eine Prognoseverschlechterung eingetreten ist. In der langen reproduktiven Phase ist das Auftreten juveniler und adulter Granulosazelltumoren im Rahmen einer Schwangerschaft möglich und muss als DD des suspekten Ovarialtumors mit bedacht werden.



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Article published online:
21 June 2023

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