Geburtshilfe Frauenheilkd 2023; 83(06): e13
DOI: 10.1055/s-0043-1769812
ABSTRACTS | MGFG

Rektale Blutung und akute Plazentainsuffizienz – ein interessanter Fallbericht

R. Neumann
1   SRH Klinikum Naumburg/Saale, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Deutschland
,
U. Bilkenroth
2   Institut für Pathologie, Weißenfels, Deutschland
,
F. Prims
3   SRH Klinikum Naumburg/Saale, Klinik für Hämatologie/Onkologie, Deutschland
,
M. Rengsberger
1   SRH Klinikum Naumburg/Saale, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Deutschland
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Einleitung Wir berichten von einer 31-jährigen III.-Gravida, II.-Para in der 38+2 SSW., die sich mit ausgeprägten rektalen Blutabgängen in unserem Kreißsaal vorstellte. Das bei Aufnahme abgeleitete CTG erbrachte den Nachweis einer fetalen Bradykardie, die trotz intrauteriner Reanimation mittels Partusisten nicht behoben werden konnte. Durch eine Not-Sectio konnte ein lebensfrischer Knabe (Gewicht: 3390 g, Länge: 52 cm; Kopfumfang: 33 cm, Apgar 8/9/9; pHNa: 7,27) entwickelt werden.

Fallbeschreibung Der Hämoglobinwert fiel in der Folge auf 4,8 mmol/l ab. Wir vermuten eine akute Plazentainsuffizienz durch die akute rektale Blutung bei der Mutter. Die rektalen Blutabgänge sistierten. Postoperativ erfolgte die Ursachenabklärung der rektalen Blutung. Digital-rektal fiel eine nicht verschiebliche Resistenz bei 6 Uhr in SSL auf. In der Koloskopie zeigte sich ein vom Analkanal bis auf einer Länge von 30-40 mm in das Rektum reichender exophytisch wachsender Tumor. Es wurden mehrere Biopsien entnommen. In der Bildgebung (CT-Abdomen/MRT-Becken) waren ein wandüberschreitendes Wachstum mit Ausläufern in das mesorektale Fettgewebe links und eine Infiltration in den Oberrand des M. sphincter ani internus bei 12 – 3 Uhr sowie suspekte Lymphknoten zu detektieren. Eine Fernmetastasierung ergab sich nicht. Nach histologischer/immunhistochemischer Aufarbeitung der Proben ergab sich nunmehr das Vorliegen eines schlecht-differenzierten high-risk HPV-assoziierten basaloiden Plattenepithelkarzinoms des Analkanals mit kräftiger p16-Expression (p 16 = immunhistochemischer Marker für High-risk-HPV-Infektion). Unter Berücksichtigung der klinischen und bildmorphologischen Befunde lag ein lokal fortgeschrittenes Stadium vor, sodass folgende TNM-Formel aufgestellt werden konnte: cT4b, cN1, cM0, G3. Im interdisziplinären Tumorboard wurde zunächst die neoadjuvante Radiochemotherapie empfohlen. Vor der RCHT erfolgten fertilitätserhaltende und ovarprotektive Maßnahmen. Gegenwärtig wird eine leitliniengerechte Radiochemotherapie (Mitomycin+5-FU) durchgeführt.

Schlussfolgerung Der geschilderte Fall zeigt, dass unklare Blutungen (egal ob von vaginal, anorektal oder urethral) immer und gerade in der Schwangerschaft vollumfänglich abgeklärt werden müssen. Dass sich auch bei ihnen lebensgefährliche Erkrankungen zeigen, die primär nichts mit der Schwangerschaft zu tun haben, soll uns als Ärztinnen und Ärzte immer wieder vor Augen geführt werden und uns sensibilisieren, frei nach dem Motto: „Immer dran denken!“. Das Analkarzinom ist insgesamt selten. Noch seltener ist die Assoziation eines Analkarzinoms in der Schwangerschaft. Zahlen über Inzidenz/Prävalenz liegen hier nicht vor. Die Inzidenz des Analkarzinoms (alle Altersgruppen und Geschlechter) hat sich innerhalb von 17 Jahren (1999-2016) verdoppelt [1]. Die persistierende high-risk-HPV-Infektion bzw. HPV-assoziierte Nebenerkrankungen stellen Risikofaktoren für die Entwicklung dar [2]. Literatur beim Verfasser.



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Article published online:
21 June 2023

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