Gesundheitsökonomie & Qualitätsmanagement 2018; 23(01): 5-6
DOI: 10.1055/s-0043-124822
Herausgeberkommentar
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pflegereform hat viele Verbesserungen gebracht

Nursing care insurance reform has brought many improvements
Straub Christoph
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Publication Date:
02 March 2018 (online)

Fünf Pflegegrade statt drei Pflegestufen, mehr Leistungen für Demenzkranke und weniger Bürokratie. Seit Anfang des Jahres 2017 gelten neue Regeln in der Pflege, denn seitdem ist das Pflegestärkungsgesetz II (PSG II) in Kraft. Ein wichtiger Bestandteil davon ist, dass es bei der Begutachtung nicht mehr darum geht, den Zeitaufwand für alltägliche Verrichtungen, wie zum Beispiel den Toilettengang, zu ermitteln. Vielmehr steht die Frage im Vordergrund, wie selbstständig der Pflegebedürftige seinen Alltag meistern kann. Das ist ein wichtiger Meilenstein in der Versorgung pflegebedürftiger Menschen. Schließlich wollen sie möglichst selbstbestimmt leben. Die Zusatzkosten für die Pflegekassen dürften sich allein im Jahr 2017 auf sieben Milliarden Euro belaufen. Die Pflegereform hat viele Verbesserungen gebracht, doch wird es in der Zukunft weiteren Verbesserungsbedarf geben. Zum Beispiel muss das neue System der Pflegegrade verständlicher für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen werden. Ein weiterer Meilenstein wäre sicherlich auch, die jetzigen Leistungen Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege zu einem gemeinsamen Leistungsanspruch zusammenzulegen. Die Pflegebedürftigen könnten dann selbst wählen, in welchem Umfang sie die beiden Leistungen in Anspruch nehmen möchten. Das würde die pflegenden Angehörigen deutlich mehr entlasten und die ambulante Versorgung flexibler gestalten.

Die BARMER hat zudem analysiert, wem diese Reform in finanzieller Hinsicht nutzt. Dazu wurden im BARMER-Pflegereport 2017 die finanziellen Effekte insbesondere des Pflegestärkungsgesetzes II im Bereich der stationären Pflege untersucht. Verglichen wurde, inwieweit sich die einrichtungseinheitlichen Eigenanteile (EEE) im Mai des Jahres 2017 von den durchschnittlichen pflegebedingten Eigenanteilen im Dezember des Jahres 2015 unterscheiden. Hier wird unter anderem deutlich, dass die Pflegebedürftigen in den Heimen finanziell profitieren. Dasselbe gilt aber auch für die Einrichtungen selbst. Insgesamt geht es um etwa zwei Milliarden Euro Mehrausgaben für die Soziale Pflegeversicherung im Vergleich zu einer Situation ohne Pflegereform. Ein Drittel davon entlastet die Heimbewohner, indem sie aktuell niedrigere Eigenanteile zahlen müssen. Zwei Drittel der Mehrausgaben kommen hingegen den Pflegeheimen zugute, die davon unter anderem ihrer Verpflichtung nachkommen, zusätzliches Personal einzustellen. Die Analyse im Pflegereport belegt zudem, dass es in der Pflegestufe I tendenziell zu einer Belastung kommt. Diese wird aber durch die Besitzstandsklausel des Paragrafen 141 SGB XI aufgefangen. Die höheren Pflegestufen werden eher entlastet. Die Be- beziehungsweise Entlastungen variieren je Bundesland. In Bayern, Niedersachsen, dem Saarland und in Schleswig-Holstein zum Beispiel kommt es zu größeren durchschnittlichen Entlastungen. In Brandenburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sind hingegen die größten Belastungen zu erkennen.

Je nachdem, wo ein Pflegebedürftiger wohnt, unterscheiden sich die Eigenanteile für die stationäre Pflege in einem Heim erheblich. Deutlich erleichtert werden solche Vergleiche heute durch die EEE, die mit dem PSG II eingeführt wurden. Sie zeigen, dass im Mai 2017 über das gesamte Bundesgebiet Differenzen von über 600 Euro auftraten. In Thüringen betrug der durchschnittliche EEE 234 Euro monatlich, im Saarland lag der eigene Anteil bei 869 Euro und war damit mehr als dreimal so hoch. Auf Basis einzelner Einrichtungen ergeben sich noch wesentlich höhere Differenzen.

Die relevante Größe für die Pflegebedürftigen ist jedoch der Gesamteigenanteil. Denn Pflegebedürftige müssen neben dem EEE auch Entgelte für Verpflegung und Unterkunft aufbringen und bekommen eine Pauschale für Investitionskosten in Rechnung gestellt. Auch hier zeigen sich zwischen den Ländern erhebliche Unterschiede. Nordrhein-Westfalen wies im Mai 2017 mit 2252 Euro den höchsten durchschnittlichen Gesamteigenanteil auf. Er war doppelt so hoch wie in Sachsen-Anhalt, wo Pflegebedürftige einen Gesamteigenanteil von 1107 Euro aufbringen mussten.

Als Fazit kann man festhalten, die Soziale Pflegeversicherung wurde mit den Reformen in der letzten Legislatur in wichtigen Punkten deutlich gestärkt und die Situation der Pflegebedürftigen relevant verbessert. Dennoch bleibt vieles zu tun, um aktuelle Probleme und die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen.

Prof. Dr. Christoph Straub