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DOI: 10.1055/s-0042-1753645
Messung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung: Ergebnisse der Pilotierung eines Health System Performance Assessments (HSPA) für Deutschland
Einleitung Health System Performance Assessment (HSPA) bezeichnet die Messung der Leistungsfähigkeit eines Gesundheitssystems anhand festgelegter Indikatoren. International werden HSPA bereits vielfach durchgeführt, um Gesundheitssysteme im Ländervergleich oder landesspezifisch zu evaluieren und als Grundlage für eine evidenzbasierte Politiksteuerung zu dienen. Für Deutschland wurde im Rahmen einer Pilotierung zum ersten Mal ein systematisches und umfassendes HSPA entwickelt. Das Konzept beinhaltet die fünf Performanz-Dimensionen Zugang (inkl. finanzieller Absicherung), Qualität der Versorgung, Bevölkerungsgesundheit, Responsiveness und Effizienz. Im Folgenden werden erste Ergebnisse bzgl. des Zugangs zur Gesundheitsversorgung dargestellt.
Methoden Das HSPA-Konzept baut auf einer Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2018 auf. Die Indikatoren-Auswahl zur Messung des Zugangs basiert auf einer systematischen Recherche zu bestehenden Instrumenten aus nationalen und internationalen HSPA-Initiativen. Weitere Kriterien waren die Datenverfügbarkeit und die internationale Vergleichbarkeit. Sofern möglich, werden die Indikatoren im Trendverlauf von 2000 bis 2019 untersucht, im Verhältnis zu acht europäischen Vergleichsländern betrachtet sowie nach diversen Equity-Kategorien (z.B. Alter, Geschlecht, Region) analysiert.
Ergebnisse Die Dimension Zugang zur Gesundheitsversorgung wird von insgesamt neun Indikatoren abgedeckt und beinhaltet u.a. die Verfügbarkeit von Versorgung, die Zugänglichkeit (z.B. Wartezeiten) und die finanzielle Risikoabsicherung. Ein Indikator zum Zugang zur Palliativversorgung konnte bisher aufgrund mangelnder Datenverfügbarkeit nicht ausgewertet werden. Insgesamt zeigt sich ein guter Zugang zur Gesundheitsversorgung in Deutschland. Für die meisten Indikatoren liegt Deutschland oberhalb des Durchschnitts der Vergleichsländer und häufig zeigt sich ein positiver Trend im Zeitverlauf. So hat z.B. die Ärztedichte im stationären und ambulanten Bereich gegenüber dem Jahr 2000 zugenommen und liegt aktuell höher als in den Vergleichsländern. Die in einigen Fachrichtungen vorliegende Diskrepanz zwischen den Versorgungsdichten in ländlichen gegenüber städtischen Regionen hat sich in den letzten Jahren verringert. Die Versorgung durch Hausärzte ist hiervon nicht betroffen. Der Zugang zur Gesundheitsversorgung wird auch aus Bevölkerungsperspektive überwiegend positiv bewertet und lediglich 0,3 % der Gesamtbevölkerung berichten davon, im vorhergehenden Jahr auf eine Behandlung verzichtet zu haben, obwohl sie sie als notwendig erachtet hätten.
Schlussfolgerung Die Pilotstudie für ein systematisches HSPA für Deutschland bietet erstmals umfangreich und vergleichend Einblicke in die Leistungsfähigkeit des deutschen Gesundheitssystems. Der Zugang zum Gesundheitswesen kann anhand der neun identifizierten Indikatoren als überwiegend positiv bewertet werden. Identifizierte Lücken und zukünftige Erweiterungen um z.B. zusätzliche Datenquellen können Impulse geben für eine evidenzbasierte Politiksteuerung.
Publication History
Article published online:
22 August 2022
© 2022. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart,
Germany