Thorac Cardiovasc Surg 2022; 70(S 02): S67-S103
DOI: 10.1055/s-0042-1742966
Oral and Short Presentations
Sunday, February 20
DGPK Case Reports

Rezidivierende lebensgefährliche Tachykardien bei beschleunigter Verstoffwechselung von Propranolol (Rapid-Metabolizer) bei einem Kind mit Jervell–Lange–Nielsen–Syndrom (Long-QT)

J. von Merkel
1   Universitätsklinikum Halle (Saale), Halle (Saale), Deutschland
,
I. Zakaria
1   Universitätsklinikum Halle (Saale), Halle (Saale), Deutschland
,
R. Grabitz
2   Ernst-Grube-Str. 40, Halle (Saale), Deutschland
› Institutsangaben

Background: Wir berichten über einen 5-jährigen Jungen syrischer Herkunft mit globaler Entwicklungsverzögerung, 5. Kind konsanguiner Eltern, Bruder im 1. Lebensjahr (LJ) ungeklärt verstorben. Bei rezidivierenden Bewusstlosigkeiten wurde im 2. LJ eine verlängerte QT-Zeit und der Hörverlust erstdiagnostiziert, hierauf erfolgte der Beginn einer Propranolol-Therapie. Genetisch wurde ein Jervell–Lange–Nielsen syndrom (KCNQ1-Gen) bestätigt. Bei rez. Bewusstlosigkeiten unter Propranolol (3 × tgl.; 2 mg/kgKG/d) und zusätzlichem V.a. Krampfanfälle erfolgte im 5. LJ die Implantation eines Event-Recorders, dieser dokumentierte bei erneuter Synkope unter Propranolol (3 × tgl.; 3,7 mg/kgKG/d) eine ventrikuläre Tachykardie. Hiernach erfolgte die Implantation eines ICD. Im weiteren Verlauf kam es zu multiplen adäquaten Schockabgaben des ICD (25×), sodass akut eine Esmolol-Dauerinfusion mit Magnesium-Substitution anstelle Propranolol begonnen wurde. Hierunter traten nur kurze selbstlimitierende Tachykardien ohne Schockabgabe auf. Es erfolgte die bilaterale Sympathektomie. Postoperativ traten erneut Torsaden mit Schockabgaben auf, sodass die Propranolol-Therapie nochmals intensiviert wurde (4 × tgl., 7 mg/kgKG/d).

Results: Die genetische Untersuchung bestätigte eine beschleunigte Verstoffwechselung von Propranolol (Ultrarapid-Metabolizer, CYP2D6*XN-Allel), sodass die Therapie mit Propranolol weiterhin 4 × tgl. hochdosiert (10 mg/kgKG/d) erfolgt.

Conclusion: CYP2D6 gehört zur Gruppe der Cytochrom-P450-Familie und ist am Stoffwechsel von ca. 20% aller Medikamente beteiligt. Es werden Polymorphismen beschrieben die zu einer unterschiedlichen Enzymaktivität führen. 4 verschiedene Metabolisierer-Typen werden unterschieden: “langsamer,” “intermediärer,” “schneller”-der Normalfall und „ultraschneller“ Metabolisierer. Der Phänotyp des Ultrarapid-Metabolizer ist regional sehr unterschiedlich häufig, in Europa selten (ca. 1.3% in Deutschland), in Syrien regelmäßiger zu beobachten (ca. 13%)

Ethnische Herkunft und eine Begleitmedikation die zur Hemmung oder Induktion der Enzyme führen, sollten bei der Therapie bzw. bei Therapieversagen beachtet werden.

Die genetische Analyse von Varianten der Metabolisierung von Pharmaka wird für die klinische Praxis weiter an Bedeutung gewinnen.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
12. Februar 2022

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