Laryngorhinootologie 2017; 96(02): 83-85
DOI: 10.1055/s-0042-124659
Tipps und Tricks
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hands-on Anleitung für Larynxoperationen in örtlicher Betäubung mittels flexibler Endoskopie und Darstellung am Bildschirm

Maria Schuster
1   Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf-Hals-Chirurgie, Ludwig-Maximilians-Universität München
,
Hanan Al-Muzaini
1   Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf-Hals-Chirurgie, Ludwig-Maximilians-Universität München
,
Veronika Volgger
1   Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf-Hals-Chirurgie, Ludwig-Maximilians-Universität München
,
Miriam Havel
1   Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf-Hals-Chirurgie, Ludwig-Maximilians-Universität München
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Publication Date:
14 March 2017 (online)

Das Erlernen chirurgischer Techniken basiert natürlich auf der genauen Kenntnis anatomischer Strukturen und pathologischer Veränderungen und deren Bedeutung für die Funktion. Eine weitere wesentliche Voraussetzung ist aber die Anleitung durch einen erfahrenen Kollegen im Rahmen der Weiterbildung und auch darüber hinaus. Bei Eingriffen, bei denen nur der Operateur selbst eine Übersicht haben kann, sind die Möglichkeiten der direkten Anleitung in hohem Ausmaß eingeschränkt. Dies kann sich nachteilig auf den Operationserfolg auswirken und Einschränkungen des Erlernens durch den unerfahrenen Arzt zur Folge haben. So können auch bei Misslingen einer Operation nicht immer die Ursachen erkannt und/oder noch während des Eingriffs abgewendet werden. Insbesondere bei endoskopisch kontrollierten Eingriffen am Larynx ist dies von Bedeutung.

Die Behandlung laryngealer Erkrankungen durch Injektionen bzw. Implantationen hat durch die erweiterten Möglichkeiten der Visualisierung mittels Endoskopietechnik und neuer Therapieoptionen an Umfang gewonnen. Indikationen für Larynxinjektionen sind zum einen die Applikation von Botulinumtoxin bei der spasmodischen Dysphonie [1] [2], oder die Augmentation einer erkrankten Stimmlippe [3] [4] zur Verlagerung einer oder beider erkrankten Stimmlippen zur Mitte, um damit einen Glottisschluss zu ermöglichen. Dies kann dann indiziert sein, wenn eine Stimmlippe aufgrund einer Lähmung nicht mehr ausreichend adduziert werden kann und/oder soweit atrophiert ist, dass kein Glottisschluss mehr erreichbar ist. Narbige Veränderungen nach Operationen oder auch ein Sulcus glottidis zählen ebenfalls zu den Indikationen wie auch die alters- oder krankheitsbedingte Atrophie der Mm. vocales mit ebenfalls inkomplettem Glottisschluss [5]. Insbesondere die breitere Produktpalette an Augmentationsmaterialien [6] erlaubt eine individuell passende Lösung durch dauerhafte oder vorübergehende Augmentation einer oder beider Stimmlippen. So kann die Applikation von abbaubaren Produkten wie Hyaluronsäurepräparate dann indiziert sein, wenn eine Erholung einer Parese möglich erscheint, die Stimme aber rasch wieder gebessert werden soll [7].

Auch kleine Veränderungen wie Polypen der Stimmlippen können in örtlicher Betäubung abgetragen oder mit dem Laser behandelt werden, sofern sie gut erreichbar sind mit gebogenen Doppellöffelchen oder Fasszängelchen und keine erhöhte Blutungsgefahr besteht.

Solche Eingriffe am Larynx können bei kooperativen, wachen Patienten in örtlicher Betäubung durchgeführt werden. Diese Technik wurde schon bei den ersten Larynxeingriffen eingesetzt und hat durch die modernen endoskopischen Verfahren wieder zunehmend an Bedeutung gewonnen. Waren die ersten Eingriffe noch mit Stirnreflektor und Spiegel durchgeführt worden, stehen nun HD-Endoskopie-Systeme zur Verfügung, die eine hervorragende Bildqualität und räumliche Auflösung ermöglichen und somit ein exaktes Arbeiten an feinsten Veränderungen der Stimmlippen über Videosysteme erlauben.

Hierfür stehen prinzipiell 2 Möglichkeiten derzeit zur Verfügung: die Visualisierung des Larynx über starre Endoskopie, meist 90°-Lupen mit oder ohne angegliederte Kamera und Darstellung am Bildschirm oder flexible Endoskope, die nun über eine vergleichbare Bildqualität dank HD- und chip on the tip-Technik verfügen. Dieses Verfahren der flexiblen Laryngoskopie wird von den Patienten oftmals als angenehmer als die transorale Endoskopie mittels starrer Optik empfunden [8], vor allem dadurch, dass seltener Würgreiz auftritt. Natürlich erfolgt für die Augmentation oder Injektionsbehandlung eine Oberflächenanästhesie meist mittels Sprühanästhetika, die aber bei Patienten mit starkem Würgreiz nicht immer zu einer ausreichenden Unterdrückung des Reflexes führen. Mitunter kann eine systemische Applikation von Opioiden oder Benzodiazepinen und Atropin hilfreich sein.

Für die Injektionsbehandlung (Injektion von Botulinumtoxin o. a.) und Augmentation kann der Zugang transoral erfolgen mit gebogenen Instrumenten oder percutan durch die Halshaut. Für letzteres haben sich der Zugang durch das Ligamentum conicum zwischen C. thyreoidea und cricoideum etabliert, wobei dann die Injektionsnadel caudal der Stimmlippen in das subglottische Lumen eindringt und die Injektionsbehandlung dann von caudal erfolgt. Ein anderer percutaner Zugangsweg, der bei günstigen Proportionen des Halses möglich ist, erfolgt durch die mediane Inzisura des C. thyreoidea cranial der Stimmlippen, wobei dann die Injektionsnadel durch die Basis der Epiglottis in das Larynxlumen eintritt. Bei nicht verknöchertem Schildknorpel kann die Injektion auch transcartilaginär erfolgen [9].

Percutane Eingriffe können grundsätzlich nicht gleichzeitig vom Operateur transoral kontrolliert werden, wohingegen transorale Eingriffe üblicherweise vom Operateur auch transoral mittels starrem Lupenendoskop oder auch am Bildschirm mittels Videoendoskop kontrolliert werden. Für Unerfahrene dieser Techniken ist die gleichzeitige Kontrolle des Endoskops und der Injektionsnadel häufig schwierig, womit die ersten Erfahrungen nicht nur für den Operateur, sondern auch für den Patienten unangenehm verlaufen können. An der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde der Ludwig-Maximilians-Universität wurde daher für die ersten Larynxeingriffe in örtlicher Betäubung ein Verfahren etabliert, das durch die videoendoskopische Darstellung des Larynx mittels HD-chip on the tip-Nasolaryngoskops eine gute Anleitung durch einen erfahrenen Arzt bei transoralen oder percutanen Eingriffen ermöglicht.

Die Anleitung am Patienten setzt eine Auseinandersetzung des anzulernenden Arztes mit der Technik und Handhabung der Materialien voraus, die in speziellen Kursen hierzu erworben werden kann.

Tab. 1 Zahl der verschiedenen Eingriffe in örtlicher Betäubung und Anzahl der nicht erfolgreich abgeschlossenen Eingriffe.

Art des Eingriffs

Anzahl

Davon abgebrochen

Injektion von BTX/Steroide transoral

19

0

Injektion von BTX percutan

5

0

Augmentation transoral

25

4

Augmentation percutan

2

0

Abtragung Gewebe transoral

2

0

Nach vorheriger genauer Absprache der behandelnden Ärzte über das gemeinsame Vorgehen erfolgt der Eingriff am Patienten. Die Oberflächenanästhesie sollte bereits durch den anzulernenden Arzt appliziert werden zur Festigung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient. Dies ist bei Eingriffen in örtlicher Betäubung von enormer Bedeutung, zumal der Patient jeden Handgriff des operierenden Arztes während des Eingriffs genau beobachten kann und auch jede Unsicherheit, die sich in der Mimik eines unerfahrenen Arztes zeigen kann.

Der anleitende Arzt führt das flexible Endoskop und stellt die entsprechende Höhe der Endoskopspitze ein, sodass stets eine optimale Sicht auf die Spitze des Instruments vorhanden ist. Der Operateur steuert das Instrument über das endoskopische Bild, sobald das Instrument in den Pharynx eingeführt ist bzw. bei percutanem Vorgehen in den Larynx. Das endoskopische Bild ist wie üblich neben dem Patienten zu sehen, sodass der anleitende Arzt am Bildschirm zeigen kann, wo das Instrument genau platziert werden sollte ([Abb. 1]).

Zoom Image
Abb. 1 Anleitung bei einem Larynxeingriff in örtlicher Betäubung mittels flexibler Endoskopie (Olympus Evis Exera III, CV-190 mit CLV-190 und flexibles Endoskop ENF-VH (HSTV) und transoralem Zugang.

Die Kontrolle des Vorgehens am Bildschirm ermöglicht dem anleitenden Arzt die notwendige Bestätigung des unerfahrenen Kollegen oder auch eine Korrektur unvorteilhaften Vorgehens. Dies können z. B. einfache Veränderungen der Kopfhaltung des Patienten oder auch der Nadelformung bei der Injektion oder Augmentation sein, wenn das Instrument nicht ausreichend ins Larynxlumen eingeführt werden kann.

In der Zusammenschau der letzten 1,5 Jahre konnten an unserer Klinik mit dem beschriebenen Vorgehen 43 Patienten versorgt werden. 2 Patienten hatten im ausgewerteten Zeitraum 2X eine Augmentation mit Hyaluronsäurepräparaten, eine Patientin 2X Glukokortikoidinjektionen wegen bamboo nodes [10] und 3 Patienten je 2X Botulinumtoxin-Injektionen wegen spasmodischer Dysphonie. Angeleitet wurden 5 Ärzte während der Facharztweiterbildung zum Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (3) und Sprach-, Stimm- und kindliche Hörstörungen (2).

Lediglich in 4 von insgesamt 53 Eingriffe (entsprechend 7%) konnte ein Larynxeingriff nicht erfolgreich durchgeführt werden. In diesen Fällen musste die Operation aufgrund ausgeprägten Würgreizes trotz Prämedikation und Lokalanästhesie des Patienten (3X) oder eingeschränker Übersicht (1X) abgebrochen werden. Es handelte sich dabei jeweils um Ersteingriffe. Eine Augmentation konnte eine Woche später erfolgreich durch den selben Arzt abgeschlossen werden, die anderen Eingriffe erfolgten in Intubationsnarkose ([Tab. 1]).

Durch sorgfältige Auswahl des Patientenfalls durch den anleitenden Arzt, genaue Absprache hinsichtlich des Vorgehens unter den Kollegen und direkte Anleitung des anzulernenden Arztes während des Eingriffs ist eine optimale Durchführung der Operation mit einer steilen Lernkurve bei hoher Patientensicherheit gegeben.

Die Methode eignet sich damit vorzüglich für Eingriffe am Larynx in örtlicher Betäubung und Anleitung von noch unerfahrenen Laryngologen. Analog zur Einführung der videoendoskopischen Nasennebenhöhlenoperation kann die Darstellung des Situs am Bildschirm Vorteile für die Durchführung des Eingriffs bringen [11]. Bei meist guter Toleranz des Eingriffs, Vermeidung häufiger Narkosen bei rezidivierenden Erkrankungen wie Papillomen und günstiger Kosten-Nutzen-Rechnung kleiner Eingriffe am Kehlkopf [12] stellt diese Technik eine wichtige Alternative zu direkten Eingriffen im Operationssaal dar.

 
  • Literatur

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  • 2 Schwemmle C, Ptok M. Die Behandlung laryngealer Bewegungsstörungen mit Botulinumtoxinen. HNO 2007; 55: 399-402
  • 3 Nawka T, Hosemann W. Surgical procedures for voice restoration. GMS Curr Top Otorhinolaryngol Head Neck Surg 2005; 4: Doc14
  • 4 Tigges M, Hess M. Stimmlippeninjektion zur Stimmverbesserung. HNO 2015; 63: 489-496
  • 5 Schuster M, Berghaus A. Gute Stimme bis ins hohe Alter. MMW 2013; 1: 50-52
  • 6 Schuster M, Eysholdt U. Therapie einseitiger Stimmlippenparesen. HNO 2005; 53: 756-765
  • 7 Rosanowski F, Tigges M, Pröschel U, Eysholdt U. Frühzeitige Indikation zur operativen Stimmlippenmedianverlagerung bei einseitigen Recurrensparesen im fortgeschrittenen Lebensalter. Laryngorhinootologie 1996; 75: 290-292
  • 8 Schröck A, Stuhrmann N, Schade G. Flexible Chip-on-the-tip-Endoskopie zur Larynxdiagnostik. HNO 2008; 56: 1239-1242
  • 9 Gadkaree SK, Best SR, Walker C, Akst LM, Hillel AT. Patient tolerance of transoral versus percutaneous thyrohyoid office-based injection laryngoplasty: a case-controlled study of forty-one patients. Clin Otolaryngol 2015; 40: 717-721
  • 10 Rafii B, Sridharan S, Taliercio S, Govil N, Paul B, Garabedian MJ, Amin MR, Branski RC. Glucocorticoids in laryngology: a review. Laryngoscope 2014; 124: 1668-1673
  • 11 White PS, Frizelle FA, Hanna GB, Tan LK, Gardiner Q, Cuschieri A. Comparison of direct monocular endoscopic, two- and three-dimensional display systems on surgical task performance in functional endoscopic sinus surgery. Clin Otolaryngol Allied Sci 1997; 22: 65-67
  • 12 Hillel AT, Ochsner MC, Johns 3rd MM, Klein AM. A cost and time analysis of laryngology procedures in the endoscopy suite versus the operating room. Laryngoscope 2016; 126: 1385-1389