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DOI: 10.1055/s-0042-119223
Herausforderungen der Vermittlung von Infektionsrisiken in der Öffentlichkeit – Nüchtern Informieren oder Alarmieren?
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
14. Dezember 2016 (online)
Auf Basis des Textes lassen sich Schlussfolgerungen ziehen, die man als Zumutungen verstehen kann für eine Wissenschaft, die „verständigungsorientiert“ über hochkomplexe Gefährdungslagen wie den Antibiotikaresistenzen kommunizieren will.
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Die erste Zumutung einer solchen Wissenschaftskommunikation besteht darin, sich von dem mindestens teilweise selbst auferlegten Zwang zu befreien, wissenschaftliche Botschaften so zuzuschneiden, dass sie öffentlich Resonanz erzeugen können. Öffentliche Kampagnen sind kein legitimes Geschäft der Wissenschaften.
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Die zweite Zumutung besteht im Eingeständnis, dass man jenseits von systematischen Reviews Verfahren braucht, um zu konsentierten Entscheidungen darüber zu kommen, was und wie man etwas öffentlich sagt, was als gesichert gilt, was mit welchen Unsicherheiten behaftet ist etc.
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Und die dritte Zumutung schließlich besteht darin, keine Trennung zwischen dem einzuziehen, was öffentlich und dem, was wissenschaftlich gesagt werden kann. Wenn etwas wissenschaftlich nicht korrekt ist, ist es auch im öffentlichen Diskurs inkorrekt.
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Literatur
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