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DOI: 10.1055/s-0042-118913
Editorial
Publication History
Publication Date:
13 December 2016 (online)
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
So wenig wie der verständliche, aber irrationale Wunsch nach dem Ende der Geschichte zu einem Faktum wurde, so wenig sind die Herausforderungen für die Kinder- und Jugendmedizin an ihrem Ende angelangt.
Die Problematik der kleinen pädiatrischen Abteilungen, die sich wirtschaftlich nicht tragen, ist mittlerweile ein alt bekanntes Problem. Besonders gravierend sind derzeit zudem die Herausforderungen durch die Abschaffung des Berufsbildes der Kinderkrankenschwester in der bisherigen Form sowie die gesetzesgleichen Herausforderungen, die der GBA in teilweise unrealistischer Form an Perinatalzentren und andere medizinische Einrichtungen stellt.
Hinzu kommen gesamtgesellschaftliche Herausforderungen, wie im Bereich der Flüchtlingsfrage und die Wahrnehmung der Pädiatrie als ein Gebiet, in dem, um das Wohl der Kinder und Jugendlichen zu verbessern, adäquate pädiatrische Forschung gefordert werden sollte.
Bei all diesen Herausforderungen zeigt sich eindeutig eines: Da wo Zwietracht und Eigeninteresse bestimmter pädiatrischer oder pädiatrienaher Gruppierungen die Solidarität im Gesamten stört, ist die Pädiatrie auf dem Rückzug. Beispiele hierfür sind Bestrebungen pädiatrischer Subdisziplinen, unter Inkaufnahme von Nachteilen für die Gesamtpädiatrie ihre Interessen voranzutreiben oder der vorübergehende Schulterschluss zwischen Kinderkrankenpflege und den Befürwortern der Abschaffung derselben. Erst wenn, wie jetzt geschehen, sich eine konzertierte Aktion ausbildet, dann sind auch sicher verloren geglaubte Felder wie die Abschaffung der Kinderkrankenpflege noch einmal zu revidieren.
Ähnlich erfolgreich verlief die Zusammenarbeit der Kinder- und Jugendärzte in der Versorgung der Flüchtlinge. Entgegen der oft populistisch verfälschten Darstellung einer chaotischen Versorgungslage zeigt sich durch das Engagement von Kinder- und Jugendärzten in allen Sektoren nicht nur eine sehr schnelle und tiefgreifende Verbesserung der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen, darüber hinaus wird auch klar, dass die Befürchtungen von eingeschleppten Erkrankungen, insbesondere Tuberkulose in keiner Weise den Erwartungen entspricht und dass hier durch die gemeinsame Arbeit ein Abbau von vorurteilsgetriggerten Ängsten betrieben werden kann.
Weniger erfolgreich ist pädiatrische Zusammenarbeit beispielsweise in der Forschung. Hier findet immer wieder nicht nur ein teilweise thematisch zu verstehender Bezug zu organ- oder krankheitsbezogenen Erwachseneneinrichtungen statt. Die Versuche, ein pädiatrisches Forschungsnetz zu etablieren, scheitern nicht zuletzt an dem fehlenden Kooperationswillen vieler Pädiater. In diese Lücke springen sehr schnell andere Disziplinen, im Falle des gewünschten pädiatrischen Forschungsnetzes beispielsweise die Kollegen aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Selbstkritisch ist somit zu sagen, dass wir häufig als besonders harmoniebedürftig beschriebenen Pädiater, wenn es zum Schwur und zum Bekenntnis zur Solidarität kommt, letztlich zu oft unsere Partikularinteressen in den Vordergrund stellen und nicht in der Lage sind, die geballte solidarische Macht zu entfalten, der andere Disziplinen in den Vorteil gegenüber der Pädiatrie setzt.
Gleichzeitig zeigen die Positivbeispiele, dass die Zusammenarbeit über Sektoren, über Berufsgruppen und Fachdisziplinen hinaus, möglich ist und dort, wo sie geschieht, Erfolge nach sich zieht.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen bei der Lektüre des Ihnen vorliegenden Heftes von Pädiatrie up2date viel Vergnügen. Die Beiträge sind wie immer aus ganz unterschiedlichen Bereichen der Pädiatrie, z. T. aus angrenzenden Gebieten, z. T. mit stärker ambulantem oder klinischem Bezug und doch zeigen sie, was die Vielfalt und auch die gemeinschaftliche Grundlage der Pädiatrie ausmacht: das Interesse an der Gesundung des Patienten unter Einbeziehung seiner gesamten Persönlichkeit und Umwelt.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Prof. Dr. med. Jörg Dötsch
Mitherausgeber der Pädiatrie up2date