Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2016; 51(05): 328-335
DOI: 10.1055/s-0041-101905
Fachwissen
Anästhesiologie: Topthema
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Gutachtenfälle – Welche Dokumentation ist aus juristischer Sicht notwendig?

Expert Opinion Cases – What documentation is necessary from a legal perspective?
Evelyn Weis
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Publication Date:
24 May 2016 (online)

Zusammenfassung

Zur Dokumentation sind Ärzte standesrechtlich und gesetzlich (§ 630f Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) verpflichtet. Die Dokumentation dient als Nachweis durchgeführter Maßnahmen und ist somit zur Sicherung medizinischer/therapeutischer Belange notwendig. Die Dokumentation hat in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung zu erfolgen und kann nachträglich ergänzt/geändert werden, sofern der ursprüngliche Inhalt erkennbar bleibt. Die Patientenakte kann in Papierform oder in elektronischer Form geführt werden. Krankenunterlagen sind mind. 10 Jahre aufzubewahren; in einigen Spezialgesetzen (z. B. Röntgenverordnung, Transfusionsgesetz) sind längere Aufbewahrungsfristen vorgeschrieben. Dokumentationsfehler sind – anders als Aufklärungs-/Behandlungsfehler – keine Anspruchsgrundlage für Schadensersatzansprüche des Patienten, können aber im Arzthaftungsprozess zu Beweiserleichterungen zugunsten des Patienten führen (§ 630h BGB). Der Patient hat grundsätzlich ein Einsichtsrecht in die ihn betreffenden Krankenunterlagen.

Summary

Doctors are obliged by professional code and civil law (630 f German Civil Code [BGB] §) to document their medical activities in relation to patients. The documentation serves as proof of executed measures and thus for backing up medical/therapeutic issues. Documentation shall be made immediately after or during the treatment and if the original content remains recognizable, can be supplemented/modified. The patient record may be kept in paper form or in electronic form. Medical records are to be stored at least for 10 years. Some special laws (eg. laws governing X rays, Transfusion Act) require that documents be stored for longer periods. Documentation errors are – unlike patient information errors/medical malpractice – no basis for damages claims by the patient, but may result in medical malpractice process with the burden of proof in favor of the patient (§ 630 h BGB). The patient has, in principle, the right to inspect the medical documents relating to him.

Kernaussagen

  • Dokumentationspflichtig sind die Maßnahmen, die erforderlich sind, um die (mit-/ weiter-)behandelnden Ärzte / Pflegekräfte über die bisherige Behandlung ausreichend zu informieren.

  • Eine medizinisch nicht erforderliche Dokumentation ist auch aus Rechtsgründen (Beweissicherung für Arzthaftungsprozess) nicht geboten. Aus dem Unterbleiben derartiger Aufzeichnungen dürfen keine beweisrechtlichen Folgerungen gezogen werden.

  • Eine unterlassene / lückenhafte Dokumentation einer aus medizinischer Sicht dokumentationspflichtigen Maßnahme bildet keine eigenständige Anspruchsgrundlage für Schadensersatzansprüche des Patienten.

  • Dokumentationsversäumnisse führen im Regelfall zu der – vom Arzt widerlegbaren – Vermutung, dass die Maßnahme unterblieben ist.

  • Eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen der Behandlung und dem Schadenseintritt beim Patienten kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Dokumentationslücke einen groben Behandlungsfehler indiziert, der als solcher die Grundlage für die Beweislastumkehr bildet.

  • Änderungen in der Dokumentation sind zulässig, sofern der ursprüngliche Inhalt erkennbar bleibt.

  • Die Patientenakte kann in Papierform oder in elektronische Form geführt werden.

  • Die Krankenunterlagen sind nach der Berufsordnung und dem Patientenrechtegesetz 10 Jahr aufzubewahren. In einigen Spezialgesetzen (z. B. Transfusionsgesetz) sind längere Aufbewahrungsfristen normiert.

  • Der Patient hat grundsätzlich ein Einsichtsrecht in die Dokumentation seiner Behandlung, ohne dass er dieses Einsichtsbegehren begründen muss.

Ergänzendes Material