Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 763
DOI: 10.1055/s-0039-1694662
Kongresstag 3: 18.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Soziale Teilhabeprozesse für und mit ältere(n) Menschen in der Stadt initiieren – Vertrauensbündnisse als Fundament partizipativer Forschung

J Piel
1   Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Universitätsklinik der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg
,
A Eich-Krohm
2   Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, Magdeburg, Magdeburg
,
D Schrage
3   Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Magdeburg
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Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

In einem demografisch besonders benachteiligten Stadtteil hat die Umsetzung eines partizipativen Forschungsprojektes in Zusammenarbeit mit einer Einrichtung der offenen Altenarbeit und engagierten älteren Stadtteilbewohner*innen in Magdeburg begonnen. Gemeinsam werden Strategien für die aktive Mitgestaltung von lokalen Hilfs- und Unterstützungsangeboten im städtischen Setting entwickelt, um soziale Teilhabe und Gesundheit im Alter zu fördern. Ein partizipatives Arbeitsbündnis setzt voraus, dass zwischen den beteiligten Menschen Vertrauen aufgebaut und gefestigt wird. Wie sich Vertrauensprozesse zwischen akademisch Forschenden, institutionellen Mitarbeiter*innen und älteren Bürger*innen entfalten und nachhaltig zu sozialer Teilhabe und Gesundheit im Alter beitragen, steht im Fokus der Forschung.

Methoden:

Den Grundsätzen des partizipativen Ansatzes folgend berücksichtigen wir entsprechend der jeweiligen Projektphase die Prozessförmigkeit des Phänomens Vertrauen, indem wir den Einsatz verschiedener qualitativer Methoden strategisch variieren. Neben Gruppendiskussionen mit Mitarbeiter*innen des Alten- und Service-Zentrums und akademisch Forschenden in der Vorbereitungsphase werden in Aktionsphase 1 ältere Stadtteilbewohner*innen zu Co-Forschenden ausgebildet, um in einer leitfadengestützten peer-to-peer-Interviewstudie isoliert lebende ältere Menschen im Stadtteil zu Hilfe- und Unterstützungsbedarfen in ihrem Alltag zu befragen. Die Ergebnisse werden partizipativ ausgewertet.

Als Multiplikator*innen nutzen die Co-Forschenden das durch den persönlichen Kontakt zu ihren peers initiierte Vertrauensbündnis dazu, diese für die Mitarbeit in Aktionsphase 2 zu gewinnen, in der im Rahmen einer partizipativen Werkstatt gemeinsam teilhabe- und gesundheitfördernde Initiativen entwickelt und umgesetzt werden.

Ergebnisse:

In seiner prozessorientierten Fundierung kann der partizipative Ansatz neue Erkenntnisse zum Zusammenhang von Vertrauen, sozialer Teilhabe und gesundheitlicher Situationen älterer Menschen im städtischen Setting generieren. Durch die uno-actu-Logik werden während der Umsetzung Vertrauensprozesse zwischen den Projektteilnehmenden aktiviert. Die Übersetzung von Vertrauen in soziale Teilhabe lässt sich an Beteilungs- und Bindungsstrukturen von Co-Forschenden und Werkstattteilnehmenden beobachten. Es können zudem individuelle Empowermenteffekte mit gesundheitsförderndem Potenzial nachgezeichnet werden.

Diskussion:

Forschungsethisch wollen wir diskutieren, wie sich Vertrauensbündnisse im städtischen Setting vollziehen und verstetigen lassen. Wir laden dazu ein, kritisch zu reflektieren, inwiefern Misstrauen, z.B. gegenüber beteiligter Akteure, zu ungleichen Chancen auf soziale Teilhabe und Gesundheit im Stadtteil führt und welche Position(en) Forschung in diesem Zusammenhang einnehmen kann.