Gesundheitswesen 2019; 81(03): 283
DOI: 10.1055/s-0039-1679400
Poster
Fachausschuss Umweltmedizin
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zum Vorkommen von Benzothiazol in der Innenraumluft öffentlicher Gebäude und dessen Abhängigkeit vom Fußbodenmaterial

H Papavlassopoulos
1   Landesamt für soziale Dienste, Schleswig-Holstein, Umweltbezogener Gesundheitsschutz, Kiel, Germany
,
G Ostendorp
1   Landesamt für soziale Dienste, Schleswig-Holstein, Umweltbezogener Gesundheitsschutz, Kiel, Germany
,
D Riemer
1   Landesamt für soziale Dienste, Schleswig-Holstein, Umweltbezogener Gesundheitsschutz, Kiel, Germany
,
K Ehring
1   Landesamt für soziale Dienste, Schleswig-Holstein, Umweltbezogener Gesundheitsschutz, Kiel, Germany
,
C Röhl
1   Landesamt für soziale Dienste, Schleswig-Holstein, Umweltbezogener Gesundheitsschutz, Kiel, Germany
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Publication Date:
05 April 2019 (online)

 

In der Gummiproduktion werden in der Regel Vulkanisationsbeschleuniger, wie z.B. 2-Mercaptobenzothiazol, eingesetzt, zu deren Abbauprodukten typischerweise das Benzothiazol (BZT, CAS-Nr. 95 – 16 – 9) gehört. Zur Toxikologie der geruchsintensiven Substanz BZT ist bisher nur wenig bekannt und eine Einstufung nach CLP fehlt. In der Innenraumluft kann BZT unter bestimmten Umständen auch in höheren Konzentrationen nachgewiesen werden. Jedoch ist eine gesundheitliche Bewertung aufgrund fehlender Richtwerte kaum möglich. Um die Häufigkeit der BZT-Exposition zu untersuchen, wurden Daten aus 815 Messungen (2015 – 2018), die aufgrund gesundheitlicher Beschwerden und/oder Geruchsbelästigungen veranlasst worden waren, analysiert. Für die Probenahmen wurde ein Luftvolumen von 600 l (0 °C, 101,3 kPa) in fünf Stunden durch ANASORB®- bzw. 2 l in 20 Minuten durch TENAX®-Röhrchen gezogen. Die Messung erfolgte mittels Gaschromatografie (GC-FID bzw. GC-MS). In 45 von 815 Proben (5,5%) bzw. in 18 von 255 Gebäuden (7%) wurde BZT in einer Konzentration von ≥1 µg/m3 nachgewiesen, wobei in den Proben der Median 12 µg/m3 und das 95. Perzentil 52 µg/m3 betrugen. Um die mögliche Quelle für BZT ausfindig zu machen, wurden die Häufigkeiten bestimmter Fußbodenmaterialien in den BZT-positiven Gebäuden ermittelt. In 50% (n = 9) der Fälle wurde Kautschuk als Fußbodenmaterial angegeben. Zudem waren alle Gebäude BZT-positiv, die einen Kautschukboden enthielten und in dem Zeitraum gemessen wurden. Ein Konzentrationsvergleich zwischen den BZT- positiven Gebäuden mit und ohne Kautschukboden offenbarte deutlich höhere Werte für Gebäude mit Kautschukboden (Median: 12 vs. 3 µg/m3; P95: 33 vs. 7 µg/m3). In einem Fall mit fortlaufenden Messungen nach Verlegen eines neuen Kautschukbodens nahm die BZT-Konzentration innerhalb von 30 Wochen von 61 auf 6 µg/m3 ab.

Unsere Auswertung zeigt, dass Kautschukboden vermutlich eine der wichtigsten Quellen für einen BZT-Eintrag in Innenräumen ist. Die Exposition kann dabei über einen relativ langen Zeitraum andauern, wobei das Fehlen von Innenraumrichtwerten und toxikologischen Studien Aussagen über eine potentielle Gesundheitsgefährdung kaum möglich macht. Neben BZT beobachten wir noch für eine Reihe weiterer Verbindungen, für die es noch keine Innenraumrichtwerte gibt, wie z.B. Acetophenon (CAS-Nr. 98 – 86 – 2), Ethylmethylketon (CAS-Nr.:78 – 93 – 3), n-Butylacetat (CAS-Nr. 123 – 86 – 4) sowie 2,2,4-Trimethyl-1,3-diisobutyrat (TXIB; CAS-Nr. 6846 – 50 – 0), ein häufigeres Vorkommen. Mit einer Veränderung der Inhaltsstoffe von Bauprodukten und Innenraumausstattungen ändert sich auch das Substanzspektrum in der Innenraumluft. Um dieses gesundheitlich bewerten zu können, kommt auch zukünftig der Ableitung gesundheitsbasierter Beurteilungswerte für die Innenraumluft, wie sie z.B. in Deutschland vom Ausschuss für Innenraumrichtwerte (AIR) durchgeführt wird, eine wichtige Bedeutung zu.