RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-0039-1679346
Das Gesundheitsamt als Gefahrenabwehrbehörde – 1 Jahr Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG) Hessen am Beispiel Frankfurt am Main
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
05. April 2019 (online)
Hintergrund:
Hessen erhielt im August 2017 als letztes Bundesland ein PsychKHG. Entgegen dem bisherigen Hessischen Freiheitsentziehungsgesetz beinhaltet das Gesetz auch den Schwerpunkt Hilfen, eine fundierte Datenerhebung sowie die Einrichtung landesweiter Fachgremien. Die Aufgaben und Pflichten der Sozialpsychiatrischen Dienste sowie der regionalen Psychiatriekoordination wurden gestärkt und spezifiziert. Die Abläufe der Ingewahrsamnahmen und Unterbringungen wurden professionalisiert und regelmäßige Koordinierungsgespräche aller Akteure verpflichtend etabliert. Gegenstand: In Frankfurt am Main entschied der Magistrat, die Verwaltungsbehörde im Sinne des PsychKHG vom Ordnungsamt auf die Fachbehörde zu wechseln. Hier sind Sozialpsychiatrischer Dienst und Psychiatriekoordination angesiedelt. Damit ist das Gesundheitsamt neben den Aufgaben der Hilfen nach §5 PsychKHG auch für die Anträge im Hauptsacheverfahren der Unterbringungen und der Zwangsmedikation in Zusammenarbeit mit den Psychiatrischen Kliniken und dem Amtsgericht zuständig; ebenso für die Auswertung der regionalen Daten und Umsetzung der daraus folgenden Erkenntnisse innerhalb der Koordinierungsgespräche. Struktur: Seit August 2017 fanden 5 Gesamtkoordinierungstreffen und 10 kleinere Unterarbeitsgruppentreffen zwischen Gericht, Kliniken, Betreuungsbehörde, Stadt- und Landespolizei unter Einbeziehung des HMSI statt. Durch den Mehrlastenausgleich für den Sozialpsychiatrischen Dienst konnten zwei PsychKHG-Beauftragte eingestellt werden. Aufgrund des erheblichen Regelungsbedarfs ist ein Koordinierungstreffen mit allen Anbietern des außerklinischen Bereichs im Sinne der Hilfen erst für das erste Quartal 2019 geplant.
Ergebnisse:
Die PsychKHG-Beauftragen erhalten lückenlos aktuelle Informationen zu den Ingewahrsamen/Unterbringungsmaßnahmen. Durch diese verbesserte Kommunikationsstruktur auf dem Boden des neuen Gesetzes hat die begleitende und vor- wie nachsorgende sozialpsychiatrische Arbeit deutlich zugenommen, ca. 1/2 der Betroffenen war dem SpDi nicht bekannt. In ca. 10% der Fällen erbitten die Psychiatrische Kliniken, neben den Weiterbetreuungen bekannter Patienten die Übernahme von Neufällen während der klinischen Behandlung. Hier stellte sich eine weitere Verbesserung der Schnittstellen ein. In eigener Sache auf dem Boden des §5 kam es zu einer Zunahme an Vorladungen zur ärztlichen Untersuchung und zu bisher 10 Türöffnungen bei angenommener Gefahrenlage und 8 eigenen Anträgen zur Unterbringung. Die Amtsantragsverfahren im Hauptsacheverfahren und zu den Zwangsmaßnahmen belaufen sich auf ca. 15/Woche. Zusammengefasst führt das Gesetz zu einem Rollenwechsel in der Arbeit des SpDi, der die Gesamtstruktur der Versorgung verändert. Im Jahr 2019 wird die erste landesweite Auswertung aller Daten des HMSI auf Stadtebene die Gelegenheit geben, unter Hinzuziehung der eignen Erkenntnisse, stadtweit die Struktur in Zusammenarbeit mit allen Akteuren zu überprüfen und datenbasiert fortzuentwickeln.
Literaturhinweis:
Gesetz zur Regelung des Rechts der Hilfen und Unterbringung bei psychischen Krankheiten vom 4. Mai 2017; Artikel 1 – Hessisches Gesetz über Hilfen bei psychischen Krankheiten (Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz)