Gesundheitswesen 2019; 81(03): 250
DOI: 10.1055/s-0039-1679314
Vorträge
Fachausschuss Kinder- und Jugendgesundheitsdienst
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Einflussfaktoren auf das Sehvermögen von Kindern im Einschulungsalter mit Fokus auf die mögliche Wirkung von augennahen elektronischen Geräten für das Entstehen einer Myopie – Ergebnisse aus den SEUs in Frankfurt/Main und Darmstadt

J Krahn
1   Gesundheitsamt der Stadt Darmstadt und des Landkreises Darmstadt-Dieburg, Darmstadt
,
M Karathana
2   Gesundheitsamt Frankfurt am Main, Kinder- und Jugendmedizin, Frankfurt am Main
,
M Schade
3   Gesundheitsamt Frankfurt am Main, Infektiologie und Hygiene, Frankfurt am Main, Germany
,
U Heudorf
3   Gesundheitsamt Frankfurt am Main, Infektiologie und Hygiene, Frankfurt am Main, Germany
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Publication History

Publication Date:
05 April 2019 (online)

 

Hintergrund:

In den letzten Jahren nehmen Sehstörungen im Kindesalter zu und Übergewicht stagniert auf hohem Niveau. Eine geringe Zeit des Spielens und Bewegens im Freien und zu langes bewegungsarmes Spielen mit kleinen elektronischen Geräten wird vielfach als Mit-Ursache von Übergewicht oder von Sehstörungen diskutiert. Deswegen wurde im Rahmen der Einschulungsuntersuchung in Frankfurt und Darmstadt untersucht, wie häufig und lange Kinder im Freien spielen bzw. wie häufig und lange sie elektronische Geräten nutzen.

Material und Methoden:

Mittels Fragebogen wurden die Eltern im Rahmen der Einschulungsuntersuchung ihrer Kinder von Mai bis Dezember 2017 auf freiwilliger Basis nach bekannten Sehstörungen der Kinder sowie der täglichen Spielzeit der Kinder im Freien sowie nach den Spielzeiten mit Smartphones/Handies, kleinformatigem oder großformatigem Tablet, Laptop und Playstation etc. gefragt.

Ergebnisse:

Insgesamt 3409 Fragebögen wurden ausgewertet (Frankfurt 2319 und Darmstadt 1090). 51,9% der Kinder waren männlich (F 50,5%, D 55,1%), 46,7% der Kinder hatten einen Migrationshintergrund (F 55,3% D 28,3%). 10,7% der Kinder (F 10,1%, D 11,6%) waren übergewichtig oder adipös. 20,7% der Kinder wiesen im Sehscreening einen auffälligen Befund auf (neu und bekannt) (F 22,1%; D 18,9%). Bei 11,8% der Kinder (F 10,5%; D 14,5%) war nach Angaben der Eltern eine Sehstörung bekannt.

19,6% der Kinder (F 20,3% D 18,1%) spielten unter der Woche weniger als 1 Stunde draußen und 35,7% (F 34,6%; D 38,1%) spielten mehr als 3 Stunden im Freien. Mehr als eine Stunde am Tag spielten 2,3% (F 2,6%, D 1,6%) der Kinder mit dem Handy, 7,6% (F 9,1%, D 5,1%) mit einem kleinformatigen Tablet, 2,2% (F 2,6%, D 1,8%) mit einem Nintendo/Gameboy, 7,7% (F 7,4%, D 6,7%) mit einer Playstation oder vor dem Fernseher. In bivariaten Analysen zeigten sich signifikante Zusammenhänge zwischen einer bekannten Sehstörung der Kinder und dem Spielen mit kleinen und großen Tablets. Spielen im Freien war signifikant negativ (risikomindernd) mit anamnestisch bekannten Sehstörungen assoziiert. Spielen mit dem Handy, Gameboy und der Playstation resp. die vor dem Fernseher verbrachte Zeit war sign. mit dem Gewichtsstatus der Kinder assoziiert.

Diskussion:

Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass ein bewegungsarmes Spielen im Haus – und Nutzung von kleinen elektronischen Geräten und Fernsehen – bereits im Vorschulalter mit einem höheren Gewichtsstatus assoziiert ist. Darüber hinaus konnte die Hypothese eines Zusammenhangs zwischen dem Spielen mit kleinen, augennah genutzten elektronischen Geräten sowie einer geringen Zeit des Spielens im Freien (Entlastung der Augen) mit anamnestisch bekannten Sehstörungen untermauert werden. Der öffentliche Gesundheitsdienst sollte auf die gesundheitliche Bedeutung des Spielens im Freien und die möglichen Auswirkungen zu intensiver und früher Nutzung von elektronischen Kleingeräten hinweisen.