Geburtshilfe Frauenheilkd 2018; 78(05): A16-A17
DOI: 10.1055/s-0038-1645939
Poster
Postersession 5: Geburtshilfe III
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Plazenta als Heilmittel – Chancen und Risiken

S Johnson
1   Placenta-Labor, Klinik für Geburtsmedizin, Universitätsklinikum Jena
,
J Pastuschek
1   Placenta-Labor, Klinik für Geburtsmedizin, Universitätsklinikum Jena
,
T Groten
1   Placenta-Labor, Klinik für Geburtsmedizin, Universitätsklinikum Jena
,
J Rödel
2   Institut für klinische Mikrobiologie, Universitätsklinikum Jena
,
U Sammer
3   Food GmbH, Analytik & Consulting, Jena
,
U Markert
1   Placenta-Labor, Klinik für Geburtsmedizin, Universitätsklinikum Jena
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Publication History

Publication Date:
11 April 2018 (online)

 

Einleitung:

Unter Müttern industrialisierter Länder ist der Trend zu beobachten, die eigene Plazenta als Heilmittel im Wochenbett einzunehmen: als Stück des frischen Gewebes direkt postpartum oder getrocknet und pulverisiert abgefüllt in Kapseln. Angebliche Benefits sind vermehrte Milchbildung, stabile Gemütslage, beschleunigte Rückbildung und das subjektive Gefühl von „mehr Energie“ im Wochenbett. Dem gegenüber steht die Frage nach bakterieller Kontamination des Gewebes und potentiell toxischer Belastung durch Schwermetalle.

In der traditionellen Chinesischen Medizin wird gedämpfte, getrocknete Plazenta hominis seit Jahrhunderten bei insuffizienter Milchbildung angewendet. In historischen deutschen Arzneimittellehren ist getrocknete Plazenta als wehenförderndes Heilmittel verzeichnet.

Ziel der Studie war, ausgewählte Hormone und Spurenelemente vor und nach dem Trocknungsprozess im Plazentagewebe zu bestimmen und einen ersten Überblick über die mikrobiologische Besiedlung von frischen und getrockneten Proben zu gewinnen.

Methode:

Neun Plazenten von spontanen, interventionslosen Geburten gesunder Frauen wurden aufgearbeitet und in rohem, roh/getrocknetem und gedämpft/getrocknetem Zustand analysiert. Die Konzentrationen von CRH, hPL, Oxytocin und ACTH wurden mittels ELISA, die Spurenelemente (As, Cd, Fe, Pb, Se, Hg) mittels ICP-MS quantifiziert. Durch einen Hefe-Rezeptor-Bioassay wurden die Östrogen- bzw. Progesteron- aktiven Substanzen (EEQ bzw. PEQ) bestimmt. Isolierte Kolonien von Proben und Abstrichen der Plazentapräparate wurden durch Vitek-MS identifiziert.

Ergebnisse:

Bei den untersuchten Plazenten (n = 6) konnten folgende Konzentrationen (Mittelwert) im Rohzustand detektiert werden: CRH 177,9 ng/g; hPL 18,0 mg/g; Oxytocin 85,1 pg/g; ACTH 2,1 ng/g; EEQ 47,0 ng/g und PEQ 2,1 µg/g. Die Trocknung verursachte eine signifikante Reduktion der untersuchten Hormone. Die Konzentrationen von Arsen, Cadmium, Blei und Quecksilber lagen unterhalb der zugelassenen Höchstwerte für Lebensmittel.

Mikroorganismen der vaginalen Flora wurden auf Abstrichen der rohen Plazenta und im Pulver identifiziert; die Anzahl der Spezies verringerte sich deutlich durch die Trocknung.

Schlussfolgerung:

Plazentagewebe enthält messbare Konzentrationen an Hormonen und wird durch verschiedene Mikroorganismen besiedelt. Durch die Trocknung reduziert sich sowohl die Anzahl der verschiedenen Spezies, als auch die Menge der analysierten Hormone deutlich. Ob die orale Einnahme von Plazenta als natürliche Quelle von Hormonen und Spurenelementen die postpartale Genesung, Laktation, Gemütslage und Rückbildung beeinflussen könnte, hängt von der biologischen Verfügbarkeit der Substanzen ab und sollte Gegenstand weiterer Studien sein. Das Risiko für eine Intoxikation bei der Einnahme der eigenen Plazenta erscheint gering.