Z Geburtshilfe Neonatol 2017; 221(S 01): E1-E113
DOI: 10.1055/s-0037-1607852
Poster
Mütterliche Erkrankungen (Präeklampsie, Diabetes mellitus etc)
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ausgeprägte Parese des Nervus facialis nach hochdosierter Magnesium-Therapie im Rahmen der Eklampsiebehandlung

J Jückstock
1   Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der LMU, München, Germany
,
T Vilsmaier
1   Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der LMU, München, Germany
,
JG Koch
1   Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der LMU, München, Germany
,
S Mahner
1   Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der LMU, München, Germany
,
R Kästner
1   Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der LMU, München, Germany
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
27. Oktober 2017 (online)

 

Hintergrund:

Die Inzidenz der Eklampsie liegt in Europa bei ca. 0,05%; als leitliniengerechte Therapie wird hochdosiert Magnesium (initial 4 – 6 g/15 – 20 min) intravenös verabreicht [1]. Eine akute Hypermagnesiämie kann zu peripheren Lähmungserscheinungen bis hin zu Atemdepression und Herzstillstand führen. In der Literatur sind Fälle von paralytischem Ileus nach Magnesium-Therapie bei Präeklampsie beschrieben [2].

Fallbericht:

26-jährige Erstgravida mit dichorialer diamnioter Geminigravidität, die sich bei vorzeitigem Blasensprung in der 34+6. SSW im Kreißsaal vorstellt. Der arterielle Blutdruck bei Aufnahme beträgt 150/110 mmHg, und die Patientin berichtet über leichte Kopfschmerzen und zunehmende Knöchelödeme in den letzten Tagen. Die intrapartalen Blutdruckwerte erreichen Maximalwerte von 190/98 mmHg, sodass die Patientin 5 mg Nifedipin erhält. Es finden sich Anzeichen einer Präeklampsie mit Proteinurie (96,5 mg/dl) und erhöhter Eiweiß/Kreatinin-Ratio (3697 mg/gCrea) im Urin, die Patientin ist jedoch asymptomatisch. Nach komplikationsloser Spontangeburt beider Gemini erleidet die Patientin zwei Stunden postpartal einen eklamptischen Anfall, sodass eine intravenöse Therapie mit Magnesiumsulfat (4,8 g/15 min.) begonnen wird. Danach wird die Dosis des Magnesiumsulfats auf 1 g/h reduziert, und die Patientin zur Überwachung auf die Intensivstation verlegt. Dort wird die Magnesiumtherapie zunächst intravenös, anschließend oral weitergeführt. Am ersten postpartalen Tag entwickelt die Patientin eine ausgeprägte periphere Fazialisparese links mit Bell-Phänomen und herabhängendem Mundwinkel, die aus neurologischer Sicht durch die Eklampsie und die Hochdosistherapie mit Magnesium bedingt ist. Das CT sowie das MRT des Schädels sind unauffällig; serologisch zeigt sich eine Hypermagnesiämie von maximal 1,74 mmol/l (Normwert 0,65 – 1,20 mmol/l). Daraufhin erhält die Patientin Prednisolon 50 mg p.o. für 3 Tage, das anschließend reduziert werden kann. Im weiteren Verlauf sind die neurologischen Symptome rückläufig, sodass die Patientin bei stabilen Blutdruckwerten auf Normalstation zurückverlegt werden kann. Die Fazialisparese ist bei Entlassung noch nicht vollständig zurückgegangen, sodass ambulante neurologische Kontrollen erfolgen.

Schlussfolgerung:

Die Therapie der postpartalen Eklampsie hat die Reduktion der maternalen Morbidität und Mortalität zum Ziel. Dabei ist das Risiko für neurologische Ausfälle einerseits durch die Eklampsie, andererseits aber auch durch eine hochdosierte Magnesiumtherapie erhöht. Treten dennoch neurologische Nebenwirkungen auf, kann meist eine vollständige Remission erreicht werden, wenn die entsprechende Therapie ohne Zeitverzögerung erfolgt.

Literatur:

[1] S1-Leitlinie der AWMF: Diagnostik und Therapie hypertensiver Schwangerschafts-erkrankungen, 2013.

[2] Al-Shoha, M., et al., Magnesium Toxicity-Induced Ileus in a Postpartum Patient Treated for Preeclampsia With Magnesium Sulphate. ACG Case Rep J, 2015. 2 (4): p. 227 – 9