Z Geburtshilfe Neonatol 2017; 221(S 01): E1-E113
DOI: 10.1055/s-0037-1607699
Vorträge
Mütterliche Erkrankungen II
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Auswirkungen des Opiat und Methamphethaminabusus Schwangerer auf die Neugeborenen – eine neue interdisziplinäre Herausforderung

M Schreiber
1   Universität Leipzig, Innere Medizin, Leipzig, Germany
,
A Gebauer
2   Universität Leipzig, Leipzig, Germany
,
E Robel-Tillig
3   Sozialstiftung Bamberg, Bamberg, Germany
› Institutsangaben
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
27. Oktober 2017 (online)

 

Fragestellung:

Substanzabusus schwangerer Frauen ist im vergangenen Jahrzehnt zu einem immensen Problem für Geburtshelfer, Hebammen, Neonatologen, und sozial tätige Mitarbeiter des Gesundheitswesens geworden. Dabei spielt zunehmend Methamphetamin-Abusus (Crystal-Meth) eine Rolle, die bedrohliche Ausmaße nimmt.

Ziel der vorliegenden prospektiven Studie war die Beurteilung der Auswirkungen der pränatalen Drogen auf das Neugeborene und insbesonders der Vergleich der Folgen von Opiat- und Methamphethamin-Abusus.

Methodik:

Integriert wurden 33 Neugeborene (NG) mit Opiat- und 53 NG mit Methamphathamin – Abusus der Mutter. Beurteilt wurde die postnatale Adaptation, der stationäre Verlauf und die neurologische und soziale Entwicklung. der Kinder im 1. Lebensjahr.

Ergebnisse:

Postnatal war ein hoher Anteil (32%) von Frühgeborenen in der Crystal-Gruppe auffällig. In beiden Gruppen lagen Gewicht, Körperlänge und besonders Kopfumfang signifikant unter der Norm. Dabei fiel der extrem erniedrigte Kopfumfang (4. Perzentile) der Crystal-NG auf. In beiden Gruppen gestaltete sich postnatal besonders der Nahrungsaufbau schwierig. Erwartungsgemäß war bei den Kindern mit Crystal-Abusus nur selten eine Entzugs-Symptomatik nachweisbar, während alle Kinder nach Opiat-Abusus diese aufzeigten. Zur Erfassung des Entzuges wurde für die Opiat-Gruppe der Finnigan-Score, für die Crystal-Gruppe ein in unserer Studiengruppe entwickelter Score benutzt, der auch Störungen der Vitalfunktionen erfasst. Wir konnten so bei 30% der Crystal-NG kardiale Adaptationsstörungen und bei 25% Auffälligkeiten der Hirnperfusion feststellen.

64% der NG der Opiat-Gruppe und 32% der NG der Crystal-Gruppe konnten nach Hause entlassen werden. Die neurologische Nachuntersuchungen zeigte Auffälligkeiten in beiden Gruppen, wobei besonders in der Crystalgruppe schwere Tonusstörungen und im Verlauf besonders Auffälligkeiten im Sozialverhalten zu beobachten waren. Während in der Opiatgruppe eine Besserung der Symptomatik unter entsprechender Förderung zu beobachten war, persistierten die Probleme in der Crystalgruppe über den Beobachtungszeitraum.

Schlussfolgerung:

Pränataler Drogenabusus stellt ein wichtiges Risiko für die ungeborenen Kinder dar. Es bedarf umfassender Strukturen, um frühzeitig die Probleme zu erkennen, die Mütter zu stärken und für die Kinder Förderung und Sicherheit für ihr Leben in ihrer Familie zu ermöglichen. Besonders Mütter mit Methamphethaminabusus und deren Kinder sind eine wichtige und wachsende Risikogruppe.