Z Gastroenterol 2017; 55(05): e1-e27
DOI: 10.1055/s-0037-1603074
Kategorie „Der interessante Fall“
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der interessante Fall: 39-jähriger Patient mit ausgeprägter B-Symptomatik, einseitiger Beinschwellung und großem Rektum-Tumor

I Heilmeier
1   Klinik für Innere Medizin I, Caritas Krankenhaus St. Josef, Regensburg
,
N Rix-Markus
1   Klinik für Innere Medizin I, Caritas Krankenhaus St. Josef, Regensburg
,
B Panzer
2   Gemeinschaftspraxis Dres. Rieder, Pfefferkorn und Piberger, Tegernheim
,
M Pfefferkorn
2   Gemeinschaftspraxis Dres. Rieder, Pfefferkorn und Piberger, Tegernheim
,
F Audebert
3   Praxiszentrum Alte Mälzerei, Regensburg
,
A Fürst
4   Klinik für Chirurgie, Caritas Krankenhaus St. Josef, Regensburg
,
C Ott
5   Facharztzentrum Regensburg
,
R Büttner
1   Klinik für Innere Medizin I, Caritas Krankenhaus St. Josef, Regensburg
,
J Zäch
1   Klinik für Innere Medizin I, Caritas Krankenhaus St. Josef, Regensburg
,
J Schedel
1   Klinik für Innere Medizin I, Caritas Krankenhaus St. Josef, Regensburg
› Institutsangaben
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
09. Mai 2017 (online)

 

Anamnese:

Ein 39-jähriger Patient beklagt seit mehreren Wochen eine isolierte Schwellung des rechten Unterschenkels mit Petechien sowie Schmerzen im rechten Kniegelenk. Die Verdachtsdiagnose einer tiefen Beinvenenthrombose wird duplexsonographisch ausgeschlossen, hingegen eine große Bakerzyste nachgewiesen. Im Laufe der nächsten Wochen entwickelt der Patient zudem eine ausgeprägte B-Symptomatik mit Nachtschweiss, Gewichtsverlust von 10 kg in 8 Wochen sowie subfebrilen Temperaturen. Zudem besteht ein ausgeprägter Stuhldrang mit allerdings jeweils geringer Stuhlentleerung und blutige Durchfälle, bis zu 15 x tags und nachts, zudem ein rektales Fremdkörpergefühl. Familienanamnestisch war ein Onkel an kolorektalem Karzinom im Alter von 65 Jahren erkrankt.

Befunde:

Im Routinelabor fällt lediglich ein gering erhöhtes CRP mit 21 mg/l auf, BB, Diff-BB, Leber-, und Nierenparameter sind normwertig. Eine Eiweiß-Elektrophorese zeigt eine Erhöhung der Alpha-1, -2- und Gamma-Fraktionen, sämtliche Immunglobulin-Subklassen sind vermehrt, eine Immunfixation ist unauffällig; weiterhin sind ANA und ANCAs unauffällig. Aufgrund der Homosexualität des Patienten werden auch HIV sowie TPHA im Serum mit jeweils negativem Ergebnis bestimmt.

Zur weiteren Diagnostik wird eine ambulante Koloskopie durchgeführt, in welcher sich knapp oberhalb des Analkanals eine große ulceröse Raumforderung tasten und endoskopisch eindrücklich bestätigen lässt. Erste Biopsien zeigen Ulcusgrundanteile mit Detritus sowie Granulozyten und Kryptenhyperplasie, können jedoch eine Malignität nicht nachweisen. Ein CT des Thorax und Abdomens/Beckens zeigt im Bereich des Rektum-Tumors eine verwaschene Wand und multiple perirektale Lymphknoten von wenigen mm Durchmesser. Weitere allerdings nicht größenauffällige LK zeigen sich beidseits inguinal, darüber hinaus keine weiteren Pathologica. Ein nachgeschaltetes MRT des kleinen Beckens bestätigt die Wandunschärfe im Bereich des Tumors, kann ein infiltratives Wachstum aber nicht nachweisen. LK werden an Zahl und Größe als LK-Filia-verdächtig eingestuft. Eine zweite Biopsieentnahme aus dem Rektum-Tumor im Rahmen einer Endosonografie, welches das Bild eines T3-Tumors zeigt, kann erneut keine Malignität feststellen. Auch eine dritte Biopsieentnahme in Vollnarkose zeigt lediglich entzündliche Veränderungen im Tumor.

Abstriche des Tumors auf HSV-1 und -2 DNA, Chlamydia trachomatis und Treponema pallidum mittels PCR werden durchgeführt; alle mit negativem Befund. Letztendlich zeigen sich aber in der Serologie deutlich erhöhte IgG und IgA-Titer für Chlamydia trachomatis, die als Hinweis für eine chronisch-persistierende Chlamydien-Infektion gedeutet werden.

Diagnose:

Chlamydien-assoziiertes Lymphogranuloma venereum, wohl mit reaktiver Kniegelenksarthritis rechts.

Verlauf:

Nach Einleitung einer antibiotischen Therapie mit Doxycyclin, welche über insgesamt 6 Wochen durchgeführt wird, kommt es zu einer langsamen Besserung des Fremdkörpergefühls rektal, der blutigen Durchfälle, der B-Symptomatik wie auch der Kniegelenks- und Unterschenkeschwellung. Eine endoskopische Kontrolle nach 6 Wochen zeigt lediglich eine residuelle Schleimhautverdickung im Bereich des ehemaligen Tumors.

*teilen sich die Erstautorenschaft.