Gesundheitswesen 2017; 79(04): 299-374
DOI: 10.1055/s-0037-1602062
5. Mai 2017
Das Bundesteilhabegesetz und der Behinderungsbegriff
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Feststellung der „wesentlichen Behinderung“ bei Persönlichkeitsstörungen

M Albers
1   Gesundheitsamt Stadt Köln, Köln
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Publication Date:
02 May 2017 (online)

 

Die Frage, inwieweit und unter welchen Bedingungen eine Persönlichkeitsstörung (PS) zu einer so weitreichenden Fähigkeitsstörung führen kann, dass ein Ausmaß erreicht wird, das es gestattet, das Vorliegen einer Behinderung im Sinne des SGB IX bzw. einer wesentlichen Behinderung im Sinne des SGB XII festzustellen, wird kontrovers diskutiert und wirft im Einzelfall Probleme auf.

Wichtig ist es, auf die Eingangskriterien für die Diagnose einer PS nach ICD 10 zu achten, insbesondere Kriterium 6 „deutliche Einschränkungen der beruflichen und sozialen Leistungsfähigkeit“. Weiterhin ist Komorbidität zu bedenken. Angststörungen mit ausgeprägtem Vermeidungsverhalten, rezidivierende depressive Episoden und Suchterkrankungen mit ihren körperlichen Folgeerkrankungen sind häufig bei Menschen mit PS, und können, auch wenn die PS an sich nicht ausreichen würde eine wesentliche Behinderung zu bedingen, die Teilhabe beeinträchtigen. Andererseits können PS die Behandlungsergebnisse von ansonsten gut behandelbaren Angststörungen oder Depressionen negativ beeinflussen. Sie werden in Vorbefunden aber oft nicht erwähnt. Bei einer Person können mehrere PS vorliegen. Häufiger als bei anderen PS bedingen Borderline PS Behinderungen. Das liegt u.a. daran, dass verschiedene dysfunktionale Verhaltensmuster Diagnosekriterien sind.

Geht es um den Anspruch auf Eingliederungshilfe, ist wichtig, ob die vorgeschlagene Maßnahme geeignet ist, um eines der Ziele der Eingliederungshilfe zu erreichen. Das gilt ganz besonders bei der Dissozialen PS.