Klin Monbl Augenheilkd 2017; 234(S 01): S1-S12
DOI: 10.1055/s-0037-1601469
Deutsches Förderprogramm für Augenheilkunde: Vortrag der Preisträgerin 2016
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Differenzierung von Stammzellen in neurale Retina als in vitro Modell für das Retinoblastom

L Steenpass
1   Institut für Humangenetik, Universitätsklinikum Essen, Universität Duisburg-Essen
,
D Kanber
1   Institut für Humangenetik, Universitätsklinikum Essen, Universität Duisburg-Essen
,
D Lohmann
1   Institut für Humangenetik, Universitätsklinikum Essen, Universität Duisburg-Essen
2   Forschergruppe „Ophthalmologischen Onkologie und Genetik“, Universitätsklinikum Essen, Universität Duisburg-Essen
,
P Temming
2   Forschergruppe „Ophthalmologischen Onkologie und Genetik“, Universitätsklinikum Essen, Universität Duisburg-Essen
3   Klinik für Kinderheilkunde III, Universitätsklinikum Essen, Universität Duisburg-Essen
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Publication Date:
03 July 2017 (online)

 

Das Retinoblastom ist ein Tumor des Auges, der bei Kindern unter fünf Jahren auftritt und durch Veränderungen des Tumorsuppressorgens RB1 ausgelöst wird. Die Aufklärung der molekularen Vorgänge zur Entwicklung des Retinoblastoms wird durch die Nichtverfügbarkeit eines geeigneten Tiermodells und von humanem Retinagewebe erschwert. Unser Ziel ist es daher, ein in-vitro-Zellkulturmodell für das Retinoblastom zu entwickeln, in dem wir humane embryonale Stammzellen in neurale Retina differenzieren und mittels der CRISPR/Cas9-Technologie Mutationen in das RB1-Gen einführen.

Die Differenzierung der humanen embryonalen Stammzellen in neurale Retina wird durch die Aggregation der Zellen zu sogenannten 3D-Organoiden initiiert. Im Verlauf der Differenzierung bilden sich innerhalb des 3D-Organoids die Strukturen der neuralen Retina aus. Die Differenzierung wird durch die Zugabe von Agenzien unterstützt, die bestimmte Signalwege inhibieren oder aktivieren und so die Ausbildung von neuro-ektodermalem Gewebe anregen. Wir konnten bisher die Expression der retinalen Vorläufermarker RX und CHX10, sowie von RB1 in unseren Organoid-Strukturen nachweisen.

Parallel zur Etablierung des Differenzierungsprotokolls haben wir das RB1-Gen in einer humanen embryonalen Stammzelllinie mutiert. Mittels der CRISPR/Cas9-Technologie wird ein sequenz-genauer Doppelstrangbruch in der DNA induziert, der durch zelleigene Mechanismen wieder repariert wird. Diese Reparatur erfolgt nicht exakt, sondern es kommt zu zufälligen Insertionen und Deletionen von einzelnen Nukleotiden, die in einer Zerstörung des Leserasters eines Proteins resultieren. Wir haben die Sequenz des Exons 3 des RB1-Gens verändert und haben nun jeweils drei Zelllinien mit einer hetero- oder homozygoten Nonsense-Mutation des RB1-Gens. Wir konnten zeigen, dass die RNA-Transkripte jeweils ein vorzeitiges Stopcodon enthalten und daher abgebaut werden. Die homozygoten Zelllinien exprimieren kein RB1-Protein mehr. Wir haben diese Zelllinien nun fast vollständig auf ihre Stammzelleigenschaften hin charakterisiert, so dass in einem nächsten Schritt nun die vergleichende Differenzierung der veränderten Zelllinien mit der Ausgangszelllinie erfolgen wird.