Rofo 2017; 189(S 01): S1-S124
DOI: 10.1055/s-0037-1600455
Vortrag (Wissenschaft)
Thoraxradiologie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Thoraxradiografie: Güte von Befundung, Beurteilung und Selbsteinschätzung in Abhängigkeit von Fallschwierigkeit, realem Vorgehen während der Bildbefundung (eye-tracking) und des Weiterbildungsstands

S Wirth
1   Ludwigs-Maximilians-Universität München, Institut für Klinische Radiologie, München
,
J Krupp
1   Ludwigs-Maximilians-Universität München, Institut für Klinische Radiologie, München
,
M Bolzer
2   Ludwigs-Maximilians-Universität München, Institut für medizinische Didaktiv und Ausbildungsforschung, München
,
M Reiser
1   Ludwigs-Maximilians-Universität München, Institut für Klinische Radiologie, München
,
M Fischer
2   Ludwigs-Maximilians-Universität München, Institut für medizinische Didaktiv und Ausbildungsforschung, München
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
23 March 2017 (online)

 

Zielsetzung:

Als wesentlicher Bestandteil radiologischer Routinetätigkeit sind bei der Radiografie des Thorax Korrektheit von erhobenen Befunden, klinischer Konsequenz und Selbsteinschätzung der Befunder wichtige Qualitätsmerkmale. Ziel der Studie ist es mögliche Einflussparameter zu zu bewerten.

Material und Methodik:

20 Radiolog/Innen („Novice“ mit > 3 Monaten und „Expert“ mit > 4 Jahren Erfahrung) befundeten 12 Radiografien des Thorax mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad im Abstand von mindestens einem Monat zweimal: einmal mit und einmal ohne Verwendung eines anatomisch orientierten Befundschemas (n = 480). Das Betrachtungsverhalten wurde mittels Eye-tracking objektiviert und als Kontrolle zwei weitere, zufällige Fälle ein drittes Mal ohne die Apparatur bewertet. Der Vergleich erfolgte am Gold-Standard, für den Befunde in 12 Pathologiegruppen eingeteilt und jeweils ordinal (0: normal bis 5: maximal) anhand einer CT im Konsensus von 3 Fachärzten bewertet wurden. Die Qualität der Beurteilung wurde in vergleichbarer Weise festgelegt (0: perfekt, 1: falsch, aber klinische Konsequenz korrekt bis 5: falsch, Patientenschaden wahrscheinlich). Hinsichtlich der Selbsteinschätzung wurden die Auswerter befragt, ob diese gar nicht, bei Gelegenheit oder sofort zusätzliche Expertise hinzuziehen würden und ob sie eine CT empfehlen würden.

Ergebnisse:

Einerseits überschätzten sich mehr als 80% der Auswerter und andererseits wurde in weit mehr als der Hälfte eine CT empfohlen. Keines der Qualitätsmerkmale korrelierte mit Fallschwere, Weiterbildungsstand, Grad der Bildabdeckung, Befundschema oder Befundungsdauer. Der einzig signifikante Effekt (p < 0.05, Wilcoxon) wurde für das theoretische Setting einer zweimaligen Befundung durch Novizen und Experten festgestellt. Die Eye-Tracking Apparatur hatte keinen nachweisbaren Einfluss auf die Ergebnisse.

Schlussfolgerungen:

Die Befundung von Radiografien ist oft schwierig, unvollständig und fehleranfällig. Wann immer machbar, scheint es empfehlenswert ein Vier-Augen-Prinzip zur Befundung einzuhalten.