Rofo 2017; 189(S 01): S1-S124
DOI: 10.1055/s-0037-1600379
Vortrag (Wissenschaft)
Neuroradiologie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der Einfluss von Urbanicity auf Stressverarbeitungsmechanismen – eine fMRT-Studie

M Al-Bayati
1   Universitätsklinikum Essen, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Neuroradiologie, Essen
,
O Gruber
2   Universitätsklinikum Heidelberg, Zentrum für psychosoziale Medizin, Heidelberg
,
B Kraemer
2   Universitätsklinikum Heidelberg, Zentrum für psychosoziale Medizin, Heidelberg
,
D Zilles
3   Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Göttingen
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
23 March 2017 (online)

 

Zielsetzung:

Der Anteil der Weltbevölkerung, welcher in Städten lebt, nimmt kontinuierlich zu. Neben Vorteilen, zeigt sich durch Leben in der Stadt (Urbanicity) auch eine erhöhte Prävalenz an psychiatrischen Erkrankungen (Depressionen, Schizophrenie). Eine These besagt, dass dies an vermehrtem Stress im Stadtleben liegt. Analog zu einer anderen Arbeitsgruppe (Lederbogen et al., 2011) haben wir in einer fMRT-Untersuchung (T2*-Sequenzen, BOLD-Signal) 42 Probanden einem stresserzeugenden Paradigma unterzogen und untersucht inwiefern die Aktivität in stressassoziierten Hirnarealen (ex. Amygdala; anteriorer zingulärer Kortex) in Abhängigkeit von der Größe des aktuellen Wohnorts und von der Größe der Wohnorte in der Kindheit variieren.

Material und Methodik:

Im MRT führten die Probanden ein stresserzeugendes Paradigma durch (Montreal Imaging Stress Task): Hierzu mussten sie Rechenaufgaben ohne und mit Stressinduktion lösen. Zur Stressinduktion wurden verbales und visuelles Feedback (Zeitdruck, Vergleich der Rechenergebnisse mit anderen Probanden) eingesetzt. Vor und nach Betreten des Scanners wurden Blutdruck und subjektiv empfundener Stress erhoben. Während des Scans wurde kontinuierlich die Herzfrequenz erfasst. Datenverarbeitung und Auswertung erfolgten mit SPM8.

Ergebnisse:

Es zeigte sich, dass die Intensität der Aktivierung in der Amygdala von der Größe des Wohnorts abhängt (t = 3.56, p < 0.001). Außerdem zeigten Städter eine vermehrte Aktivierung im Hypothalamus. Die als Beleg der Stressinduktion erhobenen physiologischen Parameter zeigten nach Stressinduktion einen signifikanten Anstieg (p < 0.001).

Schlussfolgerungen:

Es konnte gezeigt werden, dass die Aktivität der Amygdala im Stressexperiment abhängig von der Größe des Wohnorts ist. Weitere Hirnareale zeigten bei Städtern ebenfalls eine Mehraktivierung. Es wird nun spannend zu beobachten sein, ob weitere Untersuchungen eine Brücke zwischen (1) Urbanicity, (2) hirnbildgebend nachweisbar veränderter neuronaler Verarbeitung und (3) Pathogenese psychiatrischer Erkrankungen schlagen können.