RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-0036-1593182
Agomelatin zur Behandlung depressiver Episoden – Risiken in der Schwangerschaft?
Zielsetzung: Bei Agomelatin handelt es sich um ein metabolisch stabiles Analogon des Melatonins mit hoher Affinität zu den Melatonin-Rezeptoren. Der Wirkstoff wurde 2009 in Deutschland zur Behandlung depressiver Episoden bei Erwachsenen zugelassen. Allerdings liegen bislang weder detaillierte reproduktionstoxikologische Angaben aus Tierversuchen noch publizierte Daten zum Einsatz in der menschlichen Gravidität vor.
Material/Methoden: Im Rahmen einer prospektiven Followup-Studie wurden von unserem nationalen Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 2009 und 2015 37 Schwangerschaften dokumentiert, die unter Anwendung von Agomelatin (orale Tagesdosis zwischen 25 und 50 mg) eingetreten waren. Die Kontaktaufnahme mit unserem Zentrum erfolgte nach Feststellung der überwiegend ungeplanten Schwangerschaften.
Ergebnisse: Fünf Patientinnen entschieden sich angesichts der insuffizienten Datenlage zum Schwangerschaftsabbruch. In vier Fällen trat ein Spontanabort vor der 12. SSW ein. 28 Schwangerschaften wurden bis zur Geburt fortgeführt, wobei man die Medikation mit Agomelatin in acht Fällen bis zur Geburt beibehielt. Neben 25 gesunden Neugeborenen wurden drei Kinder mit kongenitalen Anomalien registriert (Doppelniere links, Hydronephrose, Syndaktylie an beiden Füßen). Das Geburtsgewicht der 19 Jungen und 9 Mädchen lag zwischen 2.050 und 3.950 g (Median: 3.390 g) bei einem Geburtstermin zwischen SSW 34/2 und SSW 41/5 (Median: SSW 38/6).
Schlussfolgerung: Diese erste Evaluation zum Einsatz von Agomelatin in der Schwangerschaft lässt kein hohes teratogenes Potential des Wirkstoffes vermuten, doch sollte die Anwendung angesichts der begrenzten Datenlage in der Schwangerschaft möglichst unterbleiben. Bei Eintritt einer Schwangerschaft unter Agomelatin ist eine sonographische Feindiagnostik zu empfehlen. Wird eine Schwangerschaft unter Therapie mit Agomelatin festgestellt, sollte umgehend ein Pharmakovigilanzzentrum mit Melderegister kontaktiert werden.