Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P423
DOI: 10.1055/s-0036-1592865

Das Wolf-Hirschhorn-Syndrom

U Friebe-Hoffmann 1, F Reister 1, H Gaspar 2, H Hummler 3, W Lindner 3, K Lato 1
  • 1Universität Ulm, Klinik für Geburtshilfe und Gynäkologie, Ulm, Deutschland
  • 2Universität Ulm, Institut für Humangenetik, Ulm, Deutschland
  • 3Universität Ulm, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Ulm, Deutschland

Das Wolf-Hirschhorn-Syndrom (WHS), Inzidenz: 1:20.000 – 1:50.000, weibliche Dominanz (2:1), ist eine komplexe Entwicklungsstörung, die sich durch kraniofaziale Dysmorphien, Kleinwuchs, Muskelhypotonie, psychomotorischer Retardierung und Anfallsleiden auszeichnet. Zytogenetisch findet sich eine terminale Deletion am kurzen Arm des Chromosoms 4. Ausgehend von der Größe und Ausprägung der zugrunde liegenden Chromosomenaberration, zeigen die Kinder ein variables Bild an Mittelliniendefekten, Anomalien des Skelett- und Urogenitalsystems, sowie des zentralen Nervensystems. Etwa 1/3 der Kinder verstirbt im 1. Lebensjahr. Bei variabler Expressivität der Chromosomenaberration können Betroffene jedoch bei guter medizinischer und psychosozialer Betreuung im Einzelfall das 30. Lebensjahr erreichen. Aufgrund der zunehmenden Qualität der hochauflösenden Sonografie, kann das WHS in vielen Fällen bereits pränatal diagnostiziert werden.

In der 11+0 SSW ergab sich bei einer 38-j. G4 P1 im ETS ein Risiko für Trisomie 13, 18 & 21 von 1: 13, 1:4 & 1:37. Die nachfolgende CVS zeigte in der Langzeitkultur eine terminale Deletion des kurzen Arm des Chrom. 4, vereinbar mit einem Wolf-Hirschhorn-Syndrom (46, XX, del (4) (p15.3.) ish del (4) (p16.3p16.3) (WHS-, XCP4+)). Sonographisch ließen sich eine Diaphragmalhernie links sowie eine beidseitige LKGS und kraniale Dysmorphien darstellen. Die Eltern entschieden sich für eine Fortführung der Schwangerschaft. Die Schwangerschaftsbegleitung erfolgte im interdisziplinären Setting bis zur Entbindung per sek. Sectio in der 38+3 SSW. Bei ausgeprägtem IUGR, bekannten Fehlbildungen und pulmonaler Hypoplasie und Hypertonie sowie konnataler Infektion verstarb das Neugeborene am 4. pp Tag bei schwerster Gasaustauschstörung vor Erreichen einer OP-Fähigkeit.

Wir präsentieren einen klinischen Fall und geben eine aktuelle Übersicht über dieses klassische Deletionssyndrom.