Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P185
DOI: 10.1055/s-0036-1592750

Ein Arm-Stütz-System für laparoskopische Eingriffe: Entwicklung und Evaluation

B Steinhilber 1, S Hoffmann 2, R Seibt 1, MA Rieger 1, K Karlovic 3, T Maier 3, M Heidingsfeld 4, O Sawodny 4, M Adam 5, R Rothmund 2
  • 1Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen, Deutschland
  • 2Universitätsklinikum Tübingen, Universitätsfrauenklinik, Tübingen, Deutschland
  • 3Universität Stuttgart, Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design, Stuttgart, Deutschland
  • 4Universität Stuttgart, Institut für Systemdynamik, Stuttgart, Deutschland
  • 5Universitätsklinikum Tübingen, Klinik für Urologie, Tübingen, Deutschland

Hintergrund/Zielsetzung: Während laparoskopischer Eingriffe kommt es bei den Chirurgen zu biomechanischen Belastungen und somit zu einer erhöhten Prävalenz von Muskel-Skelett-Beschwerden im Schulter-Nacken-Bereich und Hand-Arm-Bereich. In diesem Forschungsprojekt wurde ein spezifisches Unterstützungssystem zur Belastungsreduktion für laparoskopisch tätige Chirurgen entwickelt und auf vorklinischer Ebene evaluiert.

Methode: 14 laparoskopische Eingriffe in Gynäkologie und Urologie wurden hinsichtlich der Belastung analysiert. Dabei wurden Muskelaktivitäten ausgewählter Muskeln von Rücken, Schulter und Arm (Oberflächenelektromyografie), Körperhaltungen (2-D Videoanalyse und Lagesensoren) und subjektive Belastungswahrnehmung der Operateure erfasst. Nach Bewertung dieser Belastungsdaten wurde in einem Ideenworkshop ein Konzept eines Arm-Stütz-System (Assyst) entwickelt. Ein entsprechendes Funktionsmuster wurde von der Universität Stuttgart und den Industriepartnern Trumpf Medizintechnik und Fest AG & Co. Kg angefertigt. Danach fand die Evaluation auf vorklinischer Ebene mit 12 laparoskopieerfahrenen Chirurgen, die simulierte laparoskopische Aufgaben mit bzw. ohne Assyst durchführten, statt. Bei den Aufgaben wurde die Fehlerhäufigkeit (Arbeitspräzision) und Bearbeitungsdauer (Arbeitsgeschwindigkeit) erfasst sowie die muskuläre Beanspruchung (M. Trapezius, M. Erector Spinae) oberflächenelektromyographisch gemessen.

Ergebnisse: Die Analyse identifizierte biomechanische Belastungen aufgrund erhöhter Muskelaktivität im Schulter-Nacken-Bereich sowie unergonomische Körperhaltungen.

Die Ergebnisse der Evaluation zeigen, dass der Einsatz des Assysts zu einer verringerten Arbeitsgeschwindigkeit bei unveränderter Fehlerhäufigkeit führt. Die bisherige Datenanalyse zeigt eine deutliche Reduktion der Muskelaktivität im rechten M. Trapezius und im linken M. Erector Spinae durch Verwendung des Assysts.

Diskussion: In der Folge sollte die praktische Bedeutung einer verlängerten Operationsdauer für die Implementierung des Assysts in ein klinisches Setting betrachtet werden. Zudem sollte geklärt werden, inwieweit die verringerte Muskelaktivität von der reduzierten Arbeitsgeschwindigkeit beeinflusst wird.