Z Gastroenterol 2016; 54 - KV344
DOI: 10.1055/s-0036-1587120

Ernährung, Lifestyle und Antibiotikabehandlungen als Risikofaktoren für eine bakterielle Fehlbesiedelung (SIBO)?

K Gewecke 1, C von Castell 1, S Nannen-Ottens 1, J Keller 2, P Layer 2, V Andresen 2
  • 1Hochschule für angewandte Wissenschaften, Fakultät Life Sciences, Department Ökotrophologie, Hamburg, Deutschland
  • 2Israelitisches Krankenhaus, Medizinische Klinik, Hamburg, Deutschland

Hintergrund: Als Risikofaktoren für eine bakterielle Dünndarm-Fehlbesiedlung (SIBO) gelten anatomische (z.B. Ileozökalresektion) oder physiologische (z.B. gastrale Hypoazidität) Barriere-Störungen sowie Störungen der Darmperistaltik und der mukosalen Immunabwehr. Aufgrund wachsender Erkenntnisse zur Bedeutung des Mikrobioms bei der mukosalen Immunabwehr einerseits und zum Einfluss von Ernährung und Antibiotika auf das Mikrobiom andererseits war es unser Ziel, Zusammenhänge zwischen Ernährungsverhalten und Antibiotika-Einnahmen mit dem Vorliegen einer SIBO zu untersuchen.

Methodik: Konsekutive Patienten, die aufgrund von abdominellen Beschwerden einen Glukose-H2-Atemtest zur Diagnostik einer möglichen SIBO machten, wurden zu einer Fragebogen-Evaluation zum Bewegungs- und Ernährungsverhalten, zur Medikamenteneinnahme und zum durchschnittlichen Lebensmittelverzehr (Food Frequency Questionnaire) eingeladen. Assoziationen zwischen Fragebogen- und Atemtest-Befunden (SIBO-Nachweis: ja/nein) wurden statistisch mittels t-Test und Chi-Quadrat analysiert.

Ergebnisse: Von den 191 Teilnehmern (69% weiblich, mittleres Alter 48) hatten 26% einen SIBO-Nachweis. Diese SIBO-Patienten wiesen signifikante Unterschiede im Vergleich zu Patienten mit normalem Glukose-Atemtest auf: sie waren häufiger weiblich (84%), hatten einen niedrigeren BMI (21,4 vs. 23,9) und trieben weniger Sport (53 vs. 104 min/w) (alle p < 0,05). Sie berichteten häufiger über individuelle Diäten und verzehrten tendenziell weniger süße Getränke, Alkohol sowie süße oder schwer verdauliche Nahrungsmittel. Zudem waren gastrointestinale Vor-Operationen sowie häufige Antibiotika-Einnahmen signifikant mit dem Nachweis einer SIBO assoziiert (jeweils p < 0,05).

Schlussfolgerung: Bei Patienten, die aufgrund gastrointestinaler Beschwerden einen Glukose-Atemtest machen, unterscheiden sich die Patienten mit nachgewiesener SIBO signifikant von denen mit normalem Atemtest-Befund insbesondere durch verminderte körperliche Aktivität, verändertes Ernährungsverhalten sowie antibiotische Vorbehandlungen. Ob diese Unterschiede als Folgen (Adaptation?) oder als Ursachen (Risikofaktoren?) der SIBO aufzufassen sind, ist in weiterführenden Studien zu klären.