Gesundheitswesen 2016; 78 - A161
DOI: 10.1055/s-0036-1586671

Datenlinkage von Befragungs- mit Krankenkassendaten am Beispiel der Hypertonie – Ein Zugewinn bei Abbildung der Prävalenz?

S March 1, E Swart 1, BP Robra 1
  • 1Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg

Hintergrund: Hypertonie ist ein wichtiger, weit verbreiteter Risikofaktor für Herz-, Nieren- und Gehirnerkrankungen [1 – 2], verbunden mit einem beachtlichen Präventionspotential [3]. Die Ermittlung der Hypertonieprävalenz ist zu dessen Bewertung und Ausschöpfung von Bedeutung. Eine Blutdruckmessung kann im Rahmen von Studien nicht immer realisiert werden. Zur Ermittlung der Prävalenz dienen dann Primär-(Befragungs-) und Sekundärdaten mit unterschiedlichen Limitationen, die durch ein Datenlinkage reduziert oder beseitigt werden können [4].

Methoden und Ziele: Im Rahmen der lidA-Studie (BMBF-Förderkennzeichen: 01ER0826) wurde Hypertonie durch Befragung von Erwerbstätigen zweier Jahrgänge (1959, 1965) in zwei Befragungswellen (2011, 2014) erhoben [5 – 6]. Zusätzlich liegen individuelle Krankenkassendaten (ambulant, stationär, Arbeitsunfähigkeit, Arzneimittel) der Jahre 2009 bis 2013 von zehn gesetzlichen Krankenkassen vor. Hypertonie wird in den Krankenkassendaten abgebildet über die Diagnosen I10-I15 und deren Komorbiditäten (I20-I25, I50, I61, I63-I64), außerdem über antihypertensive Medikamente in den Arzneimitteldaten (ATC-Code C02-C03, C07-C09). Mittels Datenlinkage werden die Datenquellen kombiniert. Die Übereinstimmung wird über Cohen's Kappa (k) bestimmt [7 – 8]. Im Rahmen der hier vorgestellten Analyse soll die Befragungsprävalenz mit der der Krankenkassendaten verglichen und ergänzt werden, um die Risikogruppe „Erwerbstätige mit Hypertonie“ präziser bestimmen zu können. Ergebnisse: Zum Zeitpunkt der zweiten Befragung berichten 30,7% der 4.244 Befragten, dass ein Arzt jemals einen Bluthochdruck bei ihnen diagnostiziert hat. Zusätzlich konnten bei Vorliegen eines informed consent für 1.031 Personen individuelle Krankenkassendaten mit ihren Befragungsdaten verknüpft werden. Die Befragungsdaten stimmen mit den Angaben in den Arbeitsunfähigkeitsdaten bzw. Arzneimitteldaten nur leicht überein (k:0,22 bzw. 0,36). Eine Kombination beider Sektoren erhöht die Übereinstimmung (k:0,47). Die kombinierte Prävalenz steigt damit auf 31,4%.

Diskussion und Praxisrelevanz: Eine leichte bis mittlere Übereinstimmung der Befragungs- und Krankenkassendaten bestätigt den Mehrwert des Datenlinkage zur Abbildung der Prävalenz. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wegen Bluthochdruck kommt selten vor. Dagegen gibt es eine große Zahl spezifischer Verschreibungen. Es können 32 zusätzliche Personen mit einer Hypertonie in den Krankenkassendaten identifiziert werden (Kombination Arbeitsunfähigkeits- und Arzneimitteldaten). Im Weiteren werden die ambulanten und stationären Diagnosedaten in das Linkage integriert. Dadurch wird eine zusätzliche Erhöhung der Prävalenz erwartet. Die Befragungsprävalenz kann erfolgreich um die dokumentiert versorgte Prävalenz ergänzt werden. Die Risikogruppe „Erwerbstätige mit Hypertonie“ lässt sich mittels Datenlinkage erweitern und bietet so die Ausgangsbasis für weiterführende Analysen. Referenzen beim Verfasser.