Gesundheitswesen 2016; 78 - A158
DOI: 10.1055/s-0036-1586668

Vom Stadtrand in die Metropolen: Körperbehinderte und Krüppelbewegung im Film des 20. Jahrhunderts

G Moser 1
  • 1Universität Heidelberg, Heidelberg

Einleitung/Hintergrund: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Krüppel im städtischen öffentlichen Leben unsichtbar. Sie lebten in besonderen Einrichtungen „am Rande“, durchaus räumlich als Stadtrand zu verstehen. Der Weg von der Ausgrenzung von Körperbehinderten aus der Gesellschaft hin zu gesellschaftlicher Teilhabe und der Realisierung eines selbstbestimmten Lebens wird auch in Dokumentarfilmen oder Spielfilmen nachgezeichnet. Sie sind wichtige Zeugnisse, deren Analyse zu einem besseren Verständnis der historischen Entwicklung der Krüppelbewegung, ihrer Motive und Ziele beitragen kann.

Material und Methoden: Auszüge aus Dokumentar- und Spielfilmen verschiedener Perioden werden historisch-kritisch analysiert und kontextualisiert. Ergänzend wird Material aus publizistischen Quellen wie die „Krüppelzeitung“ oder „Die Randschau“ herangezogen.

Ergebnisse: Die Analyse der medialen Quellen zeigt eine Entwicklung der Repräsentation Körperbehinderter vom hilflosen Objekt von Fürsorge und Staat zu Personen, die selbstbewusst ihre Rechte als Menschen einfordern. Noch weit entfernt von einer Normalität gemeinsamen öffentlichen Lebens, finden sich im öffentlichen Lebensraum der Städte positive Beispiele von Realisierungschancen eines selbstbestimmten Lebens für Menschen mit Behinderungen.

Diskussion/Schlussfolgerungen: Der Kontrast zu den filmischen Beispielen der allgemein akzeptierten, oft brutalen Zwangstherapie von Körperbehinderten ist zwar offensichtlich, aber die subtilen Mechanismen von Diskriminierung und Stigmatisierung, wie sie z.B. der Film „Der Pannwitzblick“ angespricht, weisen auf Defizite in der Normalisierung der öffentlichen Wahrnehmung von Körperbehinderten hin. Schließlich stellt sich die Frage, ob es in der medialen Gegenwart ein anderes, geeignetes Medium zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung im Sinne des Abbaus des konstatierten Defizits gibt? Referenzen beim Verfasser.