Gesundheitswesen 2016; 78 - A146
DOI: 10.1055/s-0036-1586656

Urban Moveability und körperliche Aktivität im Übergang von der Kindheit zur Jugend

C Buck 1
  • 1Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS, Bremen

Hintergrund: Das Walkability-Konzept hat sich in der Public Health Forschung etabliert, um Nachbarschaften zu identifizieren, die einen positiven Einfluss auf das Bewegungsverhalten haben (Ding & Gebel, 2012). Gegenwärtige Studien basieren jedoch vorwiegend auf Querschnittsdaten (Leal & Chaix, 2011).

Ziel: Anhand von Längsschnittdaten der IDEFICS/I.Family Kohorte soll der Einfluss von urbanen Merkmalen auf die Veränderung im Bewegungsverhalten untersucht werden.

Methoden: Aus der Baseline-Erhebung und dem Follow-up der IDEFICS Studie (Identification and prevention of dietary and lifestyle-induced health effects in children and infants) (Ahrens et al., 2011) sowie der I.Family Studie (Ahrens et al., 2016) wurden 1.223 2- bis 16-jährige Teilnehmer mit 1.695 Akzelerometermessungen betrachtet, die in den deutschen Studienregionen, Delmenhorst und Wilhelmshaven, an bis zu drei Untersuchungen teilnahmen. Mit Blick auf das Bewegungsverhalten von Kindern wurde das Walkability-Konzept zu einem Moveability-Konzept verallgemeinert, das neben urbanen Merkmalen mit Einfluss auf aktiven Transport auch urbane Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten erfasst (Buck et al., 2015a). In wohnortbasierten netzwerkabhängigen Nachbarschaften der Studienteilnehmer wurden Einwohnerdichte, Landnutzungsmischung, Wegekonnektivität sowie die Verfügbarkeit des ÖPNV und der öffentlichen Freiräume berechnet und zu einem Moveability index kombiniert (Buck et al., 2015b).

Mit linearen gemischten Modellen wurde die Veränderung von moderater bis intensiver körperlicher Aktivität (MVPA in min./Tag) (Evenson et al.,2008) in Abhängigkeit des Alters modelliert, wobei ein Random Intercept und ein Random Effekt für Alter wiederholte Messungen berücksichtigte (Tilling et al., 2014). Räumliche Variablen wurden integriert, um den Einfluss urbaner Moveability auf die Veränderung von MVPA zu berechnen. Die Modelle wurden für BMI z-score, Bildung der Eltern, valide Tragezeit und Jahreszeit der Akzelerometermessung adjustiert.

Ergebnisse: Die mittlere geschätzte MVPA zeigte einen starken Rückgang (6-Jährige: 60 min./Tag, 12-Jährige: 35 min./Tag). Urbane Moveability zeigte einen positiven Effekt auf die Reduktion von körperlicher Aktivität. In bewegungsfreundlichen Nachbarschaften reduzierte sich MVPA moderater als in bewegungsunfreundlichen Nachbarschaften mit einem Unterschied von bis zu 10 min./Tag, wobei der positive Einfluss der Umgebung bei Mädchen stärker ausfiel (Unterschied MVPA: 20 min./Tag) als bei Jungen (Unterschied MVPA: 5 min./Tag).

Fazit: Die urbane Umgebung bietet Möglichkeiten für körperliche Aktivität und zeigte im Längsschnitt einen protektiven Effekt entgegen dem steigenden Bewegungsmangel, der im Übergang von der Kindheit zur Jugend auftritt. Referenzen beim Verfasser.