Gesundheitswesen 2016; 78 - A141
DOI: 10.1055/s-0036-1586651

Relevanz von Qualitätsmerkmalen bei der Krankenhauswahl für den Bürger in Sachsen-Anhalt

J Schuldt 1, A Doktor 1, M Lichters 2, B Vogt 3, BP Robra 1
  • 1Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Magdeburg
  • 2Hochschule Harz, FB Wirtschaftswissenschaften, Wernigerode
  • 3Otto-von-Guericke-Universität, Magdeburg

Hintergrund: Bürger haben zunehmend Möglichkeiten, sich vor einer (elektiven) Behandlung in Bewertungsportalen über Eigenschaften erreichbarer Krankenhäuser zu informieren. Die vorliegende Erhebung untersucht Präferenzen, die Bürger bei der Wahl eines Krankenhauses setzen.

Methodik: Eine Einwohnerstichprobe von 1500 Probanden im Alter von 40 – 70 Jahren, je 500 in Magdeburg, Stendal und Wittenberg, wurde postalisch befragt. Die Teilnehmer sollten im Hinblick auf eine durchzuführende Gallenblasenentfernung und eine Tumorsuche jeweils vier Wahlentscheidungen zwischen zwei Krankenhäusern treffen (Discrete Choice). Je vier Eigenschaften beschrieben die Krankenhäuser: Entfernung zum Wohnort, Ausführlichkeit der Information über die Behandlung, Zahl und Komplikationsrate der Behandlungen. Diese Vignetteneigenschaften wurden randomisiert in positiver oder negativer Ausprägung vorgelegt. Eine No-Choice-Option war nicht gegeben. Zusätzlich wurden die Teilnehmer um Angaben zu Person und Gesundheit gebeten.

Eine Mehrebenen-Regressionsanalyse mit SAS® sowie eine hierarchische Bayes-Regression mit Sawtooth-Lighthouse® wurden durchgeführt. Abhängige Variable war die Chance der Wahl eines Krankenhauses.

Ergebnisse: 590 gültige Antwortbögen kamen nach einer Erinnerung anonym zurück (40,4%; Frauen 44,6%, Männer 35,7%). Die Antwortrate war in der Altersgruppe über 60 Jahre am höchsten (47,8%).

17,4% der Befragten gaben mindestens einen Krankenhausaufenthalt in den letzten 12 Monaten an. Krankenhausaufenthalte waren signifikant negativ mit dem angegebenen allgemeinen Gesundheitszustand assoziiert.

Am häufigsten (94,4%) wurde erwartungsgemäß die Krankenhausvignette vorgezogen, in der alle Vignettenmerkmale positiv ausgeprägt vorlagen, am seltensten (5,1%) die, in der alle negativ waren. Alle positiven Vignettenmerkmale steigerten die Chance, ein Krankenhaus vorzuziehen, signifikant, am stärksten die niedrige Komplikationsrate. Probanden mit Krankenhauserfahrung legten signifikant mehr Wert auf die Güte der Information über die Behandlung.

Ein ähnliches Ergebnis hatte die hierarchische Bayes-Regression. In der relativen Auswahlwichtigkeit lag die Komplikationsrate (45,36%) vor der Informationsqualität (23,18%), der Fallzahl der betreffenden Behandlung (18,71%) und der Entfernung zum Wohnort (12,75%). In einer Segmentierung („latent class“ anhand ähnlicher Nutzenstiftung für die Vignettenmerkmale) erschienen 4 Gruppen am sinnvollsten. Am größten (60,1%) war die Gruppe, die der Komplikationsrate die größte Bedeutung beimaß.

Schlussfolgerung: Prioritäten der Krankenhauswahl sind individuell unterschiedlich. Gruppenübergreifend wurde jedoch die Komplikationsrate unter den von uns verwendeten Vignettenkriterien als besonders bedeutsam angesehen. Da dieses Merkmal auch mit der vergleichsweise höchsten Entscheidungssicherheit verbunden war, scheint es vielen Menschen als verlässliches Qualitätskriterium zu gelten.