Gesundheitswesen 2016; 78 - A133
DOI: 10.1055/s-0036-1586643

Trendprodukt E-Zigarette – Konsum, Nutzermotive und Risikowahrnehmung bei Siebt- und Achtklässlern

S Schneider 1, T Görig 1, R Herr 1, R Huerkamp 1, K Diehl 1
  • 1Mannheimer Institut für Public Health, Sozial- und Präventivmedizin, Universität Heidelberg, Mannheim

Hintergrund: E-Zigaretten erfreuen sich weltweit zunehmender Beliebtheit. Zum Konsum unter deutschen Jugendlichen existieren bis dato jedoch nahezu keine empirischen Daten.

Ziel der Fragestellung: In der vorliegenden Studie haben wir ein vergleichsweise junges Kollektiv deutscher Schülerinnen und Schüler zu Bekanntheit, Konsum und Konsummustern befragt, typische Nutzergruppen identifiziert und Motive der Nutzung sowie die subjektive Risikowahrnehmung untersucht.

Studiendesign/Methoden: Im Rahmen der hier vorgestellten PrevEND study II wurden 2014 bis 2015 insgesamt 840 Siebt- und Achtklässler aller Schulformen in der Metropolregion Rhein-Neckar anonym mittels eines standardisierten Paper-and_Pencil-Fragebogens zu E-Zigaretten (einschließlich E-Shishas) befragt.

Ergebnisse: Nahezu alle befragten Schülerinnen und Schüler kannten die E-Zigarette (98%) und 16% hatten schon mindestens einmal eine E-Zigarette benutzt. Es zeigt sich ein sozialer Gradient, wonach 9% aller Gymnasiasten und Gesamtschüler, 17% aller Real- und 33% aller Werkreal- und Hauptschüler schon einmal E-Zigaretten genutzt hatten (p < 0,001). Nutzer von E-Zigaretten waren mehrheitlich Nicht-Raucher von Tabakzigaretten (zu 83%). Nutzer berichteten häufiger als Nichtnutzer E-Zigarettenkonsum innerhalb der eigenen Familie und der Peergroup. Neugier stellte das Hauptmotiv der jungen Konsumenten dar. Die Frage nach der bevorzugten Geschmacksrichtung ergab ein sehr breites Spektrum von insgesamt 22 Aromen, wobei Fruchtaromen bevorzugt wurden. Die Jugendlichen konsumierten E-Zigaretten meistens im öffentlichen Raum, etwa im „Jugendzentrum“, am „Bahnhof“, im „Schwimmbad“, auf „Spiel-“ und „Bolzplätzen“. Bei Freunden, zu Hause oder in der Schule waren weitere typische Konsumorte. Acht von zehn Jugendlichen (81%) schrieben nikotinhaltigen E-Zigaretten ein Abhängigkeitspotenzial, 71% ein Krebsrisiko und 64% das Risiko von Atemwegsreizungen zu.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen eine große Popularität und eine weite Verbreitung der E-Zigarette unter Jugendlichen. Weltweit existiert keine Studie, welche derart hohe Jemalsprävalenzen in dieser Altersgruppe gefunden hat.

Praxisrelevanz: Jüngere Forschungsarbeiten berichten ein gesundheitliches Risikopotenzial von E-Zigaretten (u.a. durch kanzerogene Inhaltsstoffe im Aerosol). Außerdem wird in der Tabakprävention ein Suchtpotenzial von E-Zigaretten ebenso wie eine Katalysatorfunktion in konsekutiven Tabakkonsum kontrovers diskutiert. Angesichts dessen erscheint eine erhöhte Aufmerksamkeit der Sozial- und Präventivmedizin angezeigt. Referenzen beim Verfasser.